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Verbände: Schiene stärken statt mit Gebühren ausbremsen

16.12.19 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die acht Bahnverbände stellen sich gegen Pläne des Bundesverkehrsministeriums, Gebühren im Eisenbahnbereich anzuheben und neue Gebühren einzuführen. „Wir verstehen nicht, warum die Bahnunternehmen in vielen Fällen künftig höhere Gebühren zahlen sollen, für die es bei der Straße keinerlei Entsprechung gibt“, sagen die Präsidenten und Geschäftsführer der Verbände.

„Eine solche Benachteiligung der klima-freundlichen Schiene wirkt wie aus der Zeit gefallen. Wenn die Bundesregierung nun die Schiene weiter belastet, bei der Straße aber alles beim Alten bleibt, passt das nicht zu den übergeordneten Zielen der Klimapolitik.“ Stein des Anstoßes ist der Plan des Bundesverkehrsministeriums, die Eisenbahnunternehmen für Sicherheitskontrollen in einem deutlich stärkeren Umfang als bisher zahlen zu lassen und zudem die Gebühren dafür zu erhöhen.

Vergleichbare Regelungen gibt es im Straßenverkehr nicht, und sie sind auch nicht vorgesehen. Wenn ein Autofahrer in eine Polizeikontrolle gerät, muss er für mögliche Verstöße gegen Sicherheitsauflagen geradestehen. Er muss aber nicht für die Polizeikelle und die Arbeitsstunden der Verkehrspolizisten und die Abnutzung des Dienstfahrzeugs bezahlen. Das aber will das Bundesverkehrsministerium von den Eisenbahnunternehmen verlangen. Hier jedoch sehen die Bahnverbände, wie auch im Straßenverkehr, die öffentliche Hand in der Pflicht.

Dafür existiert ein Steueraufkommen, aus dem derartige Aufwendungen für hoheitliche Zuständigeiten zu finanzieren sind. In einem Schreiben vom September 2019 hatten die Bahnverbände Allianz pro Schiene, BAG-SPNV, Mofair, NEE, VCD, VDV, VPI und VDB sich an Verkehrsminister Andreas Scheuer gewandt. Sie hatten moniert, dass das BMVI von seinem Ansatz, Gebühren für „individuell zurechenbare Leistungen“ einiger Bundesbehörden zu erheben, nicht abgehen will und dadurch erheblich höhere Kosten des Bahnbetriebs drohen.

Stattdessen forderten die Verbände, die gebührenpflichtigen Tatbestände als Teil der hoheitlichen Verwaltung aufzufassen, für die keine Gebühren erhoben werden – so wie es beim Straßenverkehr ist. Konkret geht es um folgende Einzelbestandteile: Seit 2016 versucht die Bundesregierung, die Bundeseisenbahngebührenverordnung anzupassen. Sie legt Gebühren dafür fest, dass das Eisenbahn-Bundesamt das Sicherheitsmanagement bei Eisenbahnunternehmen überprüft.

Unabhängig davon, ob es Beanstandungen gibt oder nicht, müssen die Unternehmen die Prüfungen künftig nach Aufwand vergüten. Der Bundesrat hatte dieses Ansinnen im Spätsommer 2018 einstimmig abgelehnt. Die Bundesregierung hält aber daran fest und will die Gebührenverordnung künftig auf eine andere gesetzliche Basis gründen, so dass keine Zustimmung des Bundesrats mehr erforderlich wäre.

Für das seit 2016 geltende Eisenbahnregulierungsgesetz soll eine Gebührenordnung neu eingeführt werden – bisher gab es keine. Danach müssten Unternehmen wie die DB Netz, die bei der Bundesnetzagentur gesetzlich vorgeschriebene Genehmigungs-verfahren vornehmen lassen, dafür Gebühren zahlen. Auch Beschwerdeverfahren von Zugangsberechtigten gegen die Netzbetreiber könnten künftig Geld kosten.

Das wäre eine erhebliche Verkürzung des Rechtsschutzes. Seit September 2019 kann die Bundespolizei bei bahnpolizeilichen Einsätzen von den Eisenbahnverkehrsunternehmen Erstattungen verlangen. Wenn also beispielsweise ein Eisenbahnunternehmen gegen randalierende Reisendengruppen die Bundespolizei ruft, muss es diesen Einsatz bezahlen.

Allen Fällen ist gemeinsam, dass die Eisenbahnunternehmen keine Wahl haben, ob sie die „individuell zurechenbare Leistung“ der Bundesbehörden in Anspruch nehmen oder nicht: Die Sicherheitsüberprüfung ist gesetzlich vorgeschrieben, ohne sie erlischt die Betriebsgenehmigung des Eisenbahnverkehrsunternehmens. Die Schienennetz-Benutzungsbedingungen der Eisenbahninfrastrukturunternehmen müssen genehmigt werden. Und auch Polizeiaufgaben können die Bahnunternehmen nicht selbst übernehmen.

„Wir begrüßen das Engagement der Bundesregierung für mehr Verkehr auf der Schiene, das sich auch im Haushalt 2020 ausdrückt, uneingeschränkt“, betonen die Präsidenten und Geschäftsführer der Verbände. „Allerdings macht es umso weniger Sinn, wenn dieselbe Bundesregierung neue Wettbewerbsnachteile für die Schiene schafft, die sie doch fördern möchte.“ Ob der Protest bei der großen Koalition Anklang findet, wird wohl erst im neuen Jahr erkennbar.

Siehe auch: Die ordnungspolitische Komponente

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