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Es wird was getan

12.12.19 (Kommentar, Nordrhein-Westfalen) Autor:Stefan Hennigfeld

Jahrelang hat man sich auf den absoluten Fahrgastzahlen ausgeruht und sich selbst dafür gefeiert, dass diese gestiegen sind. Ich erinnere mich gut, dass es vom VDV stets hieß, man sei nicht das Statistische Bundesamt und der Modal Split sage gar nichts aus. Von also genau dem VDV, dessen Einlassungen eigenen Angaben zufolge stets Branchenkonsens sein sollen.

Vor einigen Jahren hat Rüdiger Grube gesagt, die steigenden Fahrgastzahlen auf der Schiene und die weniger stark steigenden Neuzulassungen von Autos würden eine Verkehrswende einleiten. Klar kann man ahnungslose Mandatsträger mit manipulativen Argumenten ruhigstellen, aber Stand jetzt sind Busse und Bahnen nach wie vor nur ein Randprodukt auf dem Verkehrsmarkt.

Und wenn man das ändern will, dann muss man dieses Problem zuerst einmal ansprechen. Ja, es ist richtig, endlich klar zu sagen: Wir wollen den Modal Split deutlich zugunsten öffentlicher Verkehrsmittel verändern. Es reicht nicht, wenn man auf der Schiene das stets steigende Gesamtverkehrsaufkommen abbilden kann, sondern der ÖV-Sektor muss stärker wachsen als der Markt, erst dann kann man von einer erfolgreichen Politik sprechen.

Man könnte fast meinen, diese Erkenntnis sei neu. Noch vor einigen Jahren sagte Sigrid Nikutta, oberste Chefin der BVG AöR, auf einem Fahrgastsprechtag in Berlin, dass man mit den captive ridern so stark ausgelastet sei, es wäre kaum möglich, ernsthaft Leute auf die Schiene zu bringen, die über ein Auto verfügen. Zur Erinnerung: Das ist die Gruppe, die auch mal als die großen A bezeichnet worden sind, also Arme (Arbeitslose), Alte, Auszubildende und überhaupt all die Menschen, die warum auch immer darauf angewiesen sind.

Aber das Beispiel Wien zeigt uns: Es geht auch anders. Wenn man den ganz großen Wurf bringt, dann kann man auch den ganz großen Erfolg einfahren. Dafür muss man aber offensiv werden, neue Wege gehen und auch die Menschen im Land aufrufen, ihre eigenen Ideen einzubringen. Wer die Situation vor Ort kennt, der kann aus dem Alltag oft deutlich mehr berichten als die Schreibtischtäter in den Planungsämtern.

Und dazu braucht man eben auch die Schnellbuslinien, die in die Verantwortung der SPNV-Aufgabenträger gehören. Im VRR gibt es mit den Marken CityExpress und Schnellbus bereits heute zwei Marken für das gleiche Produkt, weil die Zuständigkeit in kommunaler Hand ist. Wenn man aber einen Busverkehr plant, der den SPNV ergänzen und über die Feinerschließung hinausgehen soll, dann müsste die Stelle, die auch den SPNV plant, ein entsprechendes Busnetz organisieren.

Die Städte und Kreise bleiben ja für den klassischen kommunalen Verkehr zuständig. Dabei braucht es eine gute Zusammenarbeit zwischen allen Stellen – hier sind Einsicht und Konstruktivität gefragt, beides lässt sich nicht von oben erzwingen. Aber natürlich braucht man neben Geld vom Land und Einsatz vom Aufgabenträger auch die Überzeugung in den Rathäusern, dass man das Wort Verkehrswende mit Leben füllen muss. Darauf freue ich mich.

Siehe auch: NRW: Landeskabinett beschließt ÖPNV-Offensive

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