Die neue Schiene ist jetzt
28.10.19 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Sowohl DB Regio als auch DB Cargo sind im Wettbewerb angekommen. Sie sind nach wie vor Big Player auf der Schiene und stellen sich als Dienstleister rund um die Eisenbahn auf, mehr aber auch nicht. Es gibt keine „Bundesbahn“ mehr und wenn es irgendwo neue Linien oder Streckenreaktivierungen gibt, dann ist nicht mehr die die DB AG der geborene Betreiber.
Man ist angekommen in der neuen Eisenbahnwelt und Ausschreibungen gehen an alle mögliche Unternehmen: Ob Abellio, DB Regio, National Express, die Eurobahn, die Nordwestbahn, ODEG oder wie sie alle heißen. Es gibt aber dennoch Probleme, ganz aktuell ist die beschlossene jährliche Kapitalerhöhung durch den Bund eine solche.
Es ist der DB AG durch intensive Lobbyarbeit gelungen, dafür zu sorgen, dass viele politische Entscheidungsträger den Konzern und den Verkehrsträger Schiene noch immer gleichsetzen. Das kann man den Verantwortlichen der DB AG nicht zum Vorwurf machen, wohl aber den politischen Entscheidungsträgern, aber auch den Wettbewerbsbahnen, die erst seit einigen Jahren Lobbyarbeit machen – und das im Vergleich zur DB AG noch immer auf Sparflamme.
Aber überlegen wir uns doch einfach mal, was das bedeutet: Eine Milliarde Euro pro Jahr bedeuten, dass z.B. DB Regio bei großen S-Bahn- oder RE-Ausschreibungen die Züge faktisch nicht selbst finanzieren müsste. Wettbewerbshindernisse, bei denen die Aufgabenträger erst der DB AG Züge geschenkt und dann die Ausschreibung vorgenommen haben, hat es zuletzt nicht mehr gegeben.
Inzwischen ist so eine Situation aber wieder über die Hintertür möglich. Selbst wenn man das Geld in die Infrastruktur investiert, so ist es doch DB-Geld und wird entsprechend als Anlagevermögen bilanziert. Die Infrastrukturunternehmen im Konzern wollen dann eine entsprechende Rendite sehen, anders als bei Geld, das direkt vom Bund kommt.
Es ist also – so schön höhere Geldflüsse für die Schiene sein mögen – ordnungspolitisch fragwürdig, wenn man die DB AG hier einseitig unterstützt. Überhaupt gibt es bei allen Erfolgen nach wie vor Probleme: Nehmen wir etwa den SPFV. Hier ist laut Grundgesetz der Bund in der Zuständigkeit. Dieser ist verpflichtet, ein Gesetz zu erlassen, auf dessen Basis die Organisation des Fernverkehrs läuft.
Noch immer stellt sich die Bundesregierung – übrigens unter Kohl ebenso wie unter Schröder und unter den verschiedenen Koalitionen mit Angela Merkel – auf den Standpunkt, dass überall da per definitionem kein Verkehrsbedürfnis vorläge, wo das Bundesunternehmen DB Fernverkehr nicht bereit ist, eigenwirtschaftlich zu fahren. Wenn die also morgen beschließen, dass man München, Berlin, Hamburg oder Köln nicht mehr anfährt, dann wäre das eben so.
Hier fehlt es nach wie vor an politischer Steuerung. Zwei 2008 und 2017 im Bundesrat verabschiedete Gesetzesvorhaben sind nie im Bundestag debattiert worden. Hier müssen die Länder die Pflicht des Bundes massiv einfordern. Dafür zu sorgen ist allerdings zukünftig auch die Aufgabe der Interessenvertreter der Wettbewerbsbahnen.
Siehe auch: Verbände stellen Wettbewerberbericht vor