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Auf neuen Wegen zu einer besseren Schiene

17.10.19 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Wie bewertet man, ob der Bau irgendeiner Verkehrsinfrastruktur positiv oder negativ ist? Natürlich ist die Idee einer standardisierten Bewertung nach einem Kosten-Nutzen-Koeffizienten eine gute Idee. Aber der Eindruck, dass man hier schon lange nicht mehr fair für die Schiene rechnet, ist nicht neu.

Bereits als man vor einigen Jahren in Niedersachsen ein Reaktivierungsprogramm auf die Beine gestellt hat, hat der VCD zurecht darauf hingewiesen, dass es nicht in Ordnung ist, mit den vollen Kosten zu kalkulieren, nicht aber den Nutzen zu berechnen, der über den Personenverkehr hinausgeht, etwa durch geringfügigen Güterverkehr. Von einer ökologischen Komponente ist dabei noch gar nicht die Rede, aber auch das spielt natürlich eine Rolle.

Und gehen wir mal weg vom CO2, sondern reden wir allgemein über den Schadstoffausstoß, der mit dem Auto- und vor allem Schwerlastverkehr auf der Straße einhergeht. Warum also rechnet man nicht mit dem gesamten Nutzen? Natürlich ist es sehr theoretisch, die Folgekosten für vielleicht irgendwann einmal eintretende Krankheiten bei Einwohnern auszurechnen, aber viel anders werden Klimamodelle auch nicht aus dem Hut gezaubert.

Deshalb ist es sehr wohl möglich, hier so zu rechnen, dass man nicht – und der Eindruck hat sich über Jahrzehnte aufgedrängt – Schienenprojekte kaputtrechnet. Hier muss sich was tun, denn es reicht in der Tat nicht, hin und wieder in Sonntagsreden zu erzählen, wie toll Busse und Bahnen sind. Denn seien wir ehrlich: Welches Reaktivierungsprojekt oder welche größere Leistungsausweitung in den letzten Jahrzehnten ist denn hinter den Erwartungen zurückgeblieben? Mir fällt keine ein.

Im Gegenteil, ganz aktuell sieht man in Nordhessen, dass die Umstellung der Linie 11 aus dem Ruhrgebiet kommend nach Kassel auf die RRX-Standards einen erheblichen Fahrgastandrang mit sich gebracht hat. Offensichtlich sind die Menschen bereit, ihr Auto stehen zu lassen und den Zug zu nehmen, wenn man ihnen ein gutes Angebot macht. Und das geht ganz ohne CO2-Steuer, höhere Ökosteuer, saftige Parkgebühren oder was auch immer.

Und das predige ich seit Jahren: Wir brauchen eine bessere Schiene, der Verkehrsträger Eisenbahn muss sich auf seine Stärken konzentrieren und diese gezielt ausspielen. Denn trotz aller Kritik, die ich an den Schienenverbänden immer wieder geäußert habe, so eine Broschüre wie „Stadt, Land, Schiene“ geeignet, um zu zeigen, welche großen Erfolge man erzielen kann. Wichtig ist, dass auch vor Ort die beteiligten Akteure zusammenarbeiten und dass nicht jeder „sein Ding“ macht.

Hier kann eine Verkehrsministerkonferenz natürlich nur den Rahmen dessen setzen, was auf der Arbeitsebene zu tun ist – und darauf hoffen, dass diejenigen, die man gemeinhin als Ministerialbürokratie betrachtet und die weit über den nächsten Wahltermin hinaus in verantwortlicher Position sein werden, auch dann gut arbeiten, wenn sich das politische Klima ändern sollte. Denn wenn die Eisenbahnreform uns eins gezeigt hat, dann dass man nicht in längeren Zyklen denken muss.

Siehe auch: Verkehrsministerkonferenz tagt in Frankfurt

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