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Das Wachstum dämpfen

16.09.19 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Eisenbahn ist fester Bestandteil der Problemlösung, eine starke Schiene ist die Grundvoraussetzung dafür, dass man die Verkehrsemissionen senken kann. Und das ist bislang nicht gelungen. In allen Sektoren ist der Ausstoß von CO2, aber auch von Schad- und Giftstoffen in die Luft seit 1990 gesunken (zumindest in Deutschland), nur der Verkehrssektor hat eine gegenläufige Entwicklung genommen.

Und das liegt nicht daran, dass das einzelne Auto, der einzelne Lastwagen, aber auch der einzelne Linienbus oder Personenzug nicht umweltfreundlicher geworden wäre. Mitnichten. Der massive Anstieg des Gesamtverkehrsaufkommens ist die Ursache für die Problematik. Und genau an dieses steigende Gesamtverkehrsaufkommen müssen wir ran. Wir müssen zumindest den Anstieg des Gesamtverkehrsaufkommens ein Stück weit dämpfen.

Und dazu braucht es neben „mehr Ökostrom“ oder einem symbolisch grünen statt roten Zierstreifen an SPFV-Zügen auch ordnungspolitische Steuerungsmaßnahmen. Und der wohl wichtigste Punkt hier ist: Mehr Regionalität im Leben der Menschen. Wer in Füssen ein Flensburger Pilsener oder in Kiel ein Erdinger Weißbier trinken möchte, der muss damit leben, dass der Preis dort teurer ist: Denn der Transport hat seinen Preis.

So eine Lastwagenfahrt auf einer Bundesautobahn ist gemessen am Verschleiß der Infrastruktur viel zu billig. Infolgedessen ist aber die Schiene gezwungen, für Güterzüge ebenfalls viel zu geringe Trassengebühren erhoben werden. Der Regionalverkehr finanziert den Güterverkehr quasi mit, damit dieser überhaupt marktfähig ist im Vergleich zum LKW. Und wenn die Bundesautobahnen viel zu billig nutzbar sind, das Bundesunternehmen DB Netz aber gleichzeitig nicht in der Lage ist, mit marktnahen Maßnahmen entgegenzusteuern, dann haben wir ein echtes Problem.

Wenn man also verkehrspolitisch wirklich etwas zugunsten der Schiene verändern will, dann ist neben der starken Schiene auch eine ordnungspolitische Veränderung im Gesamtspektrum notwendig. Und es ist auch eisenbahnpolitisch etwas zu verändern: So schön es ja ist, wenn man von deutlich besseren Fernverkehrsverbindungen hört, aber werden die wirklich alle auf Dauer Bestand haben?

Warum war ein InterRegio plötzlich unwirtschaftlich, aber viele InterCity-Züge sollen es dann auf einmal nicht mehr sein? Das wahrscheinliche Szenario sieht so aus: Nach ein oder zwei Jahren Fernverkehr ist das Angebot auf einmal unwirtschaftlich und der Aufgabenträger kriegt ein Angebot: Zahl einen Tarifausgleich für Nahverkehrsfahrscheine und alles bleibt gut.

Aus Sicht der DB AG ist das sicher richtig, acht Jahre nach dem Abellio-Urteil und dem Wegfall des lukrativen Direktvergabemarktes. Aus Sicht des Verkehrsträgers Schiene ist es falsch. Was wir brauchen ist eine bundesweite Aufgabenträgerorganisation für den SPFV. Auch das sind Dinge, denen man sich wird widmen müssen – früher oder später. Die DB AG ist eben nicht deckungsgleich mit dem Verkehrsträger Schiene. Das muss sich jeder für sich klarmachen.

Siehe auch: Bahn will sich grüner aufstellen

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