Kreativität statt Gängelung
12.08.19 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Es ist jetzt tatsächlich schon wieder sieben Jahre her, dass der Verkehrsverbund Rhein-Sieg in Köln sein damals 25jähriges Bestehen gefeiert hat. Das war deshalb ein historischer Moment, weil bei diesem Anlass erstmals der Slogan „Vom Verkehrs- zum Mobilitätsverbund“ vorgestellt worden ist. Maßnahmen wie „Mobil im Rheinland“ und Ähnliches gab es schon vorher, aber 2012 wurde das erste mal offen gesagt, dass es nicht mehr reicht, nur einen Einheitsfahrschein zu haben.
Zum Verkehrsverbund gehören auch Mitfahrdienste, wie sie erstmals im Nordhessischen Verkehrsverbund eingeführt worden sind oder es gehören Car- und Bikesharing-Angebote dazu. Klar, sowohl Auto- als auch Fahrradvermietungen sind nicht so doll neu, aber dass man diese im urbanen Raum in den Verkehrsverbund integriert, dass es die Freischwimmer-Geschichten gibt, sodass man die Fahrzeuge jederzeit im Betriebsgebiet abstellen und öffnen kann, das ist neu und das erleichtert die Verkehrswende ungemein.
Wenn man sich in einigen deutschen Großstädten einmal ansieht, was in puncto Digitalisierung und Multimodalität inzwischen für ein Aufwand betrieben wird, dann ist das nicht mehr nur Spielerei oder irgendwas, was Freaks ganz lustig finden, sondern ein aktiver Beitrag für eine Stärkung öffentlicher Verkehrsmittel. Gleichzeitig ist es aber auch das Zuschütten ideologischer Gräben zwischen dem Autoverkehr und den Öffentlichen.
Die Förderung multimodaler Angebote aller Art ist auch der praktische Beweis, dass der Autoverkehr nicht der Feind ist. Bei vielen Branchenakteuren – oft Leuten, die selbst nicht auf Dienstwagen und Fahrer verzichten – ist diese Erkenntnis aber noch nicht so richtig angekommen. Das spiegelt sich in den immer wieder kommunizierten Verbots- und Verteuerungsphantasien, die auch jetzt wieder kommuniziert werden. Das ist die Rede von einer Flugsteuer, damit es unattraktiver wird, von Düsseldorf nach Berlin zu fliegen. Die Bahn verbessern? Vielleicht irgendwann.
Dann wird über eine CO2-Steuer diskutiert, auch wenn der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages diese Idee letzte Woche als grundgesetzwidrig eingestuft hat. Das Ziel ist natürlich, das Autofahren zu erschweren. Auch wenn Fahrverbote in den Innenstädten oder Straßenbenutzungsgebühren diskutiert werden, so müssen wir doch sehen, dass genau die Innovationsfreude, die in den Anfangsjahren der Eisenbahnreform noch allgegenwärtig war, verloren zu gehen droht.
Aber wir brauchen keine Gängelungen für Autofahrer, Fluggäste oder Fleischesser, sondern wir brauchen gute und intelligente Ideen, wie man den Verkehr verändern kann. Aber gute Ideen entstehen weder in Amtsstuben noch in den Parlamenten, sondern sie entstehen auf dem Markt: In den Garagen junger Studenten, die sich was einfallen lassen oder auch in den Abteilungen für Unternehmensentwicklungen – immer dann, wenn die Chefs Kreativität zulassen. Das müssen wir tun. Wer eine gute Idee hat, kann deutlich mehr zur Verkehrswende beitragen als alle Gängelungen, die gerade in der öffentlichen Debatte sind.
Siehe auch: Deutsche Mobilitätspreise 2019 verliehen