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Gerechtigkeit für alle

19.08.19 (Fernverkehr, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Mit den Argumenten, die die Eisenbahnbranche ins Feld führt, kann man die Forderung aus Reihen des BDO nur unterstützen: Wer den SPFV nur reduziert besteuern möchte – und dafür gibt es durchaus gute Gründe – der kann dem Fernbus dieses Privileg nicht absprechen. Auch das Argument, dass gerade sozial schwache Personen mit dem Fernbus fahren, weil es einfach billiger ist als ein Zugfahrschein, spielt hier eine Rolle.

Einem Spesenritter – und bis vor ein paar Jahren war der SPFV der DB AG noch ausschließlich auf diese ausgelegt – ist es egal, ob das Ticket etwas teurer ist. Ja selbst für die Buchhaltung ist es irrelevant, weil die Umsatzsteuer ein durchlaufender Posten ist. Das ist anders, wenn ein Student oder ein Geringverdiener unterwegs ist. Hier kann jeder Euro zählen.

Man sollte daher aus sozialen Gründen sogar die Reduktion der Umsatzsteuer eher beim Fernbus als beim SPFV vorziehen, wenn man die Wahl hat. Die Eisenbahnbranche fordert stattdessen regelmäßig eine Mautpflicht für Fernbusse. Die Begründung ist ordnungspolitischer Natur, tatsächlich will man den Fahrschein aber verteuern, um die Schiene zu schützen. Doch wenn man wirklich von einem Umweltverbund im Verkehr spricht, dann gehört der Fernbus genauso dazu wie der Eisenbahnverkehr.

Der Fernbus hat nicht massenhaft dafür gesorgt, dass die SPFV-Angebote unter die Gewinnschwelle sinken, sondern ist eine neue Form umweltfreundlicher Mobilität, die es früher nicht gab. Als solcher ist er nicht weniger förderwürdig als es der Eisenbahnverkehr ist. Die Befürchtung, dass eine solche Steuersenkung nicht an die Kunden weitergegeben wird, ist beim Fernbus genauso real wie im Eisenbahnverkehr.

Zumal die Preisstruktur ja inzwischen so aufgebaut ist, dass niemand nachvollziehen kann, in welchen Mengen welche Preise verfügbar sind. Das gilt für die Fernbusse gleichermaßen wie für die DB AG. Wenn Herr Lutz also verspricht, dass eine solche Steuersenkung vollständig zu einer Preissenkung führen würde, dann kann er recht haben – oder auch nicht. Wir wissen es nicht, denn die Preisverfügbarkeit ist bei der DB AG wie auch bei Flixbus und Konsorten ein strikt gehütetes Unternehmensgeheimnis.

Das ist aber ein Thema für sich, denn selbstverständlich sind dadurch geheime Preiserhöhungen und -senkungen jederzeit möglich ohne dass der Fahrgast es mitkriegen würde. Heute kostet die ICE-Fahrt von Bochum nach München zwanzig Euro mehr oder weniger als morgen? Was ist mit Eurowings und dem Flixbus? Wir wissen es nicht, hier kann der Kunde immer nur gucken, welche Angebote gerade vorhanden sind.

Das ist aber kein Argument, gegen eine Entlastung der Fahrgäste zu sein, denn das Ziel muss lauten, möglichst viele Menschen vom Auto auf den Bus oder die Bahn zu kriegen. Es ist deshalb wichtig, dass gerade die Eisenbahnbranche aufhört, den Fernbus als Gegner zu betrachten. Für eine Verkehrswende oder einfach nur eine ernsthafte Steigerung öffentlicher Verkehrsmittel am Modal Split, ist es zwingend erforderlich, ideologische Gräben zuzuschütten.

Siehe auch: BDO fordert Umsatzsteuer-Reduktion

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