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Direktvergabe in Karlsruhe geplant

08.08.19 (Baden-Württemberg) Autor:Stefan Hennigfeld

In der letzten Woche wurde in Karlsruhe die Vereinbarung zur Bildung einer „Gruppe von Behörden“ unterzeichnet, die gemeinsam eine Direktvergabe der Verkehrsleistungen an die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) und die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) planen. Beide erbringen gemeinsam seit 1992 das eng miteinander verzahnte ÖPNV-Angebot.

Zu dieser „Gruppe von Behörden“ zählen neben der Stadt Karlsruhe auch das Land Baden-Württemberg, die Landkreise Karlsruhe und Germersheim, die Stadt Heilbronn und der Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Süd (ZSPNV). „Wir wollen das erfolgreiche ‚Karlsruher Modell‘ sichern und zukunftsfähig weiterentwickeln. Der heutige Vertragsabschluss stellt einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur von uns angestrebten Direktvergabe dar“, machte Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) deutlich.

„Ein leistungsstarker öffentlicher Nahverkehr bildet das Rückgrat unserer urbanen Mobilität. Das ‚Karlsruher Modell‘, das mit seiner einzigartigen Organisationsstruktur weltweit Maßstäbe gesetzt hat, trägt entscheidend zur hohen Lebensqualität in unserer Stadt und unserer Region bei. Diese Erfolgsgeschichte möchten wir gerne weiter mit der AVG und den VBK fortschreiben“, betonte Mentrup.

Rund 170 Millionen Fahrgäste pro Jahr nutzen das Nahverkehrsangebot zwischen Heilbronn, Wörth und Baden-Baden mit seinem charakteristischen Stadtbahnsystem. Das „Karlsruher Modell“ ermöglicht die Überwindung der Systemgrenzen von Eisenbahn und Straßenbahn. So können die Fahrgäste seit Beginn der 1990er Jahre umsteigefrei die Karlsruher Innenstadt oder Ziele im Umland erreichen.

Die Verträge für die Erbringung der Verkehrsleistung durch die beiden kommunalen Verkehrsunternehmen AVG und VBK – beide sind hundertprozentige Töchtergesellschaften der Stadt Karlsruhe – laufen nun aus. Die Aufgabenträger möchten dieses Nahverkehrskonzept auch zukünftig in der jetzigen Form erhalten. Damit die Stadt Karlsruhe das Nahverkehrsangebot im Stadtgebiet auch weiterhin durch die VBK sicherstellen kann, soll die Verkehrsleistung ab Dezember 2022 für 22,5 Jahre direkt an die VBK gegeben werden.

Bei der AVG, die ihre Verkehre am Oberrhein in den Bundesländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz erbringt, soll die Vertragslaufzeit für das Netz 7a mittels der Direktvergabe bis mindestens 2035 fixiert werden. „Dieses Nahverkehrssystem hat in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten maßgeblich zur positiven wirtschaftlichen und demographischen Entwicklung der Region beigetragen und genießt weltweit großes Renommee. Der heutige Vertragsabschluss ist ein wichtiger Schritt für den Erhalt des Karlsruher Modells“, erklärte Christoph Schnaudigel (CDU), Landrat des Landkreises Karlsruhe.

Bereits im Juli 2017 hatten sich die Stadt Karlsruhe und das Land Baden-Württemberg mit der Unterzeichnung eines Eckpunktepapiers auf die zukünftige Vergabekonzeption geeinigt. Diese sah vor, die umsteigefreie Innenstadtanbindung zu erhalten, wo sie aus Fahrgastsicht vorteilhaft ist. Diese Strecken sollen dann direkt an die AVG vergeben werden, weil die alleiniger Inhaber von Zweisystemfahrzeugen ist.

Die Stadt Karlsruhe hat entschieden, dass sich die AVG in dem Teilnahmewettbewerbe für das Netz 7b nicht beteiligen wird. Gleichzeitig werden langlaufende Verbindungen ohne Innenstadtanbindung als klassische Eisenbahnverkehre in den Wettbewerb überführt und europaweit ausgeschrieben. Im März dieses Jahres hatte sich dann auch der Karlsruher Gemeinderat einstimmig für die angestrebte Direktvergabe ausgesprochen, indem das Gremium einer Veröffentlichung der Direktvergabe-Absicht im Amtsblatt der EU zustimmte.

Alexander Pischon, Vorsitzender der Geschäftsführung von AVG und VBK, begrüßte die heutige Vereinbarung der Aufgabenträger. „Das Vertragswerk markiert nach dem Eckpunktepapier von 2017 einen weiteren wichtigen Meilenstein zur Sicherung unseres Nahverkehrsmodells. Es stellt einen Vertrauensbeweis der Aufgabenträger in unsere Verkehrsunternehmen dar. Zudem ist es auch ein gutes und wichtiges Signal für alle unsere Beschäftigten. Nun gilt es, das komplexe Direktvergabe-Verfahren in den kommenden Monaten zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen.“

Das Streckennetz des Karlsruher Modells ist seit 1992 um den Faktor zwanzig gewachsen – von einst dreißig auf jetzt über sechshundert Kilometer. Entsprechend groß ist auch das künftige Auftragsvolumen.

Siehe auch: Mut zu mehr Marktwirtschaft

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