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Was ist jetzt mit dem Deutschlandtakt?

01.07.19 (Fernverkehr, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Natürlich ist es eine durchaus angenehme Anreise mit dem Zug: Man vermeidet den Stau, je nach Zielort kommt man von einem Bahnhof deutlich einfacher zur Unterkunft als von einem Flughafen und je nach dem, wo der Urlaub stattfindet, ist man mit öffentlichen Verkehrsmitteln auch gut angebunden. Aber wenn eine vierköpfige Familie mit dem Zug fährt, dann haut das so dermaßen ins Budget, dass es oft völlig unfinanzierbar wird, gerade im Vergleich zur Autofahrt.

Da muss die Bahn mit Ferienaktionen um die Ecke kommen oder aber, die klassische Urlaubsreise findet mit dem Auto statt. Es geht ja gar nicht anders. Oder lassen Sie mich ein persönliches Beispiel nennen: Ich war in der letzten Woche am Bodensee und muss sagen, dass man sowohl auf der schweizerischen als auch auf der baden-württembergischen Seite gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln auskommt.

Allerdings: Die An- und Abreise mit dem Zug wäre aus Nordrhein-Westfalen viel zu teuer gewesen, da bietet die DB AG keine akzeptable Alternative zu Eurowings. Ähnlich lange wäre ich für einen Bruchteil des Preises mit einem Flixbus unterwegs gewesen. Die Schiene kann auf solch langen Destinationen, gerade wenn es abseits der Sternverkehre Richtung Berlin geht, einfach nicht mithalten.

Das zeigt uns aber auch, wie wichtig der Deutschlandtakt wäre, der jetzt mal wieder folgenlos im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD steht. Aber Groß- und Mittelstädte sind in Deutschland generell nur dann angeboten, wenn sie zufällig an einer der wenigen Verkehrsachsen liegen, die mit vernünftigen SPFV angebunden sind. Und dass der Bundestag seiner im Grundgesetz festgelegten Pflicht, den Fernverkehr zu organisieren (Artikel 87e) nicht nachzukommen gedenkt, dürfte inzwischen auch dem letzten klargeworden sein.

Zwei Fernverkehrsgesetze sind im Bundesrat bereits verabschiedet worden, wurden aber nie im Bundestag diskutiert. Deswegen muss ich den Herrschaften bei Pro Bahn auch widersprechen: Der Bund ist nicht als Eigentümer der DB AG in der Pflicht, in die Geschäfte einzugreifen, sondern er muss den Fernverkehr im Sinne des Deutschlandtaktes definieren und ausschreiben.

Das ist im übrigen der Grund, warum der Deutschlandtakt seit Jahren nicht weiterkommt. Niemand traut sich, genau das auszusprechen. Die Eigenwirtschaftlichkeit im Fernverkehr ist, wenn man einen bundesweiten Taktverkehr will, vollumfänglich gescheitert. Schon heute gibt es RE-Linien, die nach den klassischen Definitionen eigentlich Fernverkehr wären und es gibt Strecken, auf denen Fernverkehr nötig wäre, auch wenn die DB AG nicht zu fahren bereit ist.

Hierzu sind allerdings dicke Lobbyisten-Bretter zu bohren, denn genau dieses letzte Monopol wird man bei der DB AG nicht aufgeben wollen. Das Problem ist: Es gibt dieses Monopol nur auf der Schiene, nicht aber im Verkehrsmarkt. Denn mit den Flixbussen und Eurowings-Fliegern ist die Konkurrenz bereits da. Es gilt also jenseits des DB-Konzerns die Schiene vernünftig im Wettbewerb der Verkehrsträger aufzustellen.

Siehe auch: DB AG bringt Sommerticket an den Markt

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