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Niedersachsen: Ausbilden statt Abwerben

08.07.19 (Bremen, Niedersachsen) Autor:Stefan Hennigfeld

Nach dem nordrhein-westfälischen Vorbild ist in der letzten Woche in Niedersachsen eine Branchenvereinbarung unter dem Motto „Ausbilden statt Abwerben“ erzielt worden. Die im nordwestdeutschen SPNV aktiven Unternehmen verpflichten sich demnach, auf gegenseitige Abwerbeversuche von Mitarbeitern zu verzichten. Sollte ein Angestellter von sich aus eine Bewerbung bei einem Konkurrenten einreichen, so muss das neue Unternehmen sich nachträglich anteilig an den Ausbildungskosten des bisherigen Arbeitgebers beteiligen.

Nur durch konstante Ausbildung wird sich der aktuelle Mangel an Triebfahrzeugführern in der Eisenbahnbranche beheben lassen. Um die Weichen für eine bessere Zukunft mit auskömmlicher Personaldecke zu stellen, unterschrieben die elf Eisenbahnverkehrsunternehmen in Anwesenheit des niedersächsischen Landesverkehrsministers Bernd Althusmann (CDU) eine Vereinbarung zur Erstattung von Ausbildungskosten.

Die Eisenbahnen im Regionalverkehr in Niedersachsen und Bremen haben sich das Ziel gesetzt, die Situation im Schienenpersonennahverkehr zu verbessern. Dabei steht das Thema Fachkräftemangel im Vordergrund. Mit ihren Unterschriften unter den Vertrag über die Ausbildungskostenerstattung bekräftigen die Bahnunternehmen in Niedersachsen und Bremen ihr gemeinsames Engagement zur Fachkräfteausbildung und setzen ein starkes Zeichen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Vertragspartner sind die Unternehmen Abellio Rail Mitteldeutschland GmbH, Bentheimer Eisenbahn AG, Cantus Verkehrsgesellschaft mbH, DB Regio AG, Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser GmbH, Erixx GmbH, Eurobahn Keolis Deutschland GmbH, Metronom Eisenbahngesellschaft mbH, Nordwestbahn GmbH, Verkehrsgesellschaft Start Unterelbe mbH sowie die Westfalenbahn GmbH die für Bremen und Niedersachsen zukunftsweisende Vereinbarung.

„Das Ausbilden von Triebfahrzeugführern lohnt sich – das ist das Signal, das von der heute unterzeichneten Vereinbarung ausgeht“, sagt Althusmann. „Mit vereinten Kräften lässt sich der Fachkräftemangel in der Eisenbahnbranche leichter abmildern. Daher wäre es begrüßenswert, wenn auch die Fernverkehrs- sowie Güterverkehrsunternehmen der Vereinbarung beitreten würden.“

„Der Verkehr auf der Schiene wächst – wir sind eine echte Wachstumsbranche und bieten attraktive und zukunftssichere Arbeitsplätze. Auch Quereinsteiger aus anderen Branchen für die Ausbildung zum Triebfahrzeugführer, Zugbegleiter, Disponent oder Werkstattmitarbeiter sind bei den Bahnen im Regionalverkehr in Niedersachsen und Bremen immer herzlich willkommen“, betont Rolf Erfurt, Vorsitzender der Geschäftsführung der Nordwestbahn, stellvertretend für die an der Vereinbarung beteiligten Eisenbahnunternehmen.

Um zu verhindern, dass aus Angst vor Abwerbeversuchen der Mitbewerber weniger Personal ausgebildet wird, verpflichten sich die Bahnen mit der Vereinbarung untereinander zur Erstattung von Ausbildungskosten. Wechselt ein Triebfahrzeugführer innerhalb der ersten 5 Jahre nach der Ausbildung das Unternehmen, verpflichtet sich der neue Arbeitgeber dem alten die Ausbildungskosten anteilig zu erstatten.

„Auch wenn wir im Wettbewerb stehen, arbeiten wir innerhalb der Branche kooperativ zusammen, um den SPNV in Niedersachsen und Bremen nachhaltig zu stärken. Die Vereinbarung ist richtungsweisend und setzt die richtigen Anreize: Ausbilden statt Abwerben“, sagt Erfurt.

Die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG), in deren Räumen die Vertragsunterzeichnung stattfand, wird als sogenannte Clearingstelle die Vereinbarung koordinieren und zwischen den Teilnehmern vermitteln. Dazu erhält sie von den beteiligten Bahnunternehmen unter anderem Informationen über die entstandenen Ausbildungskosten und berechnet im Falle eines Wechsels etwaige Erstattungszahlungen.

„Ein großer Dank geht an die LNVG, die diese Übereinkunft tatkräftig unterstützt“, so die Vertreter der beteiligten Bahnen. „Wir übernehmen diese Funktion gerne“, erwidert LNVG-Chefin Carmen Schwabl und fügt hinzu: „Der Regionalverkehr auf der Schiene braucht mehr ausgebildete Triebfahrzeugführer – genau an der Stelle hilft die Selbstverpflichtung.“

Hierbei sind noch keine Regelungen zum Thema Personalübernahme bei Betreiberwechseln getroffen worden. In der Regel fanden die Unternehmen untereinander hier aber stets Vereinbarungen – sodass niemand von Arbeitslosigkeit durch eine Ausschreibung bedroht war.

Siehe auch: Stakeholder statt Konkurrenten

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