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Schienengipfel in Berlin

13.05.19 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

In der vergangenen Woche lud Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) zum Schienengipfel in sein Ministerium. Hochrangige Vertreter der Eisenbahnbranche und der Politik machten dort deutlich, dass der Weg zum Deutschlandtakt nun endlich gegangen werde – in den letzten Koalitionsverträgen hat dieser stets folgenlos in den Vereinbarungen gestanden. Nun aber soll alles anders und besser werden.

Wichtigste Bekanntgabe: Ab Ende kommenden Jahres fährt DB Fernverkehr zwischen Berlin und Hamburg im sauberen Halbstundentakt – und geht damit in die Offensive gegen Flixbus, Eurowings und Co. „Hamburg–Berlin ist eine unserer Top-Strecken. Mit unserer geplanten Angebotserweiterung können wir künftig 20 Prozent mehr Sitzplatzkapazität zur Verfügung stellen“, so Bahnchef Richard Lutz.

Lutz: „Damit haben noch mehr Reisende die Möglichkeit, komplett klimaneutral mit dem ICE oder Eurocity zwischen den beiden größten deutschen Städten unterwegs zu sein“. Um das neue Fernverkehrsangebot optimal mit dem Nahverkehr zu verzahnen, führt die DB derzeit konstruktive Gespräche mit den Aufgabenträgern des Nahverkehrs von Schleswig-Holstein (Nah.SH), Mecklenburg-Vorpommern (VMV) sowie in Berlin (VBB).

Die Abstimmungen sind bereits weit fortgeschritten. Ob die DB AG auch versucht, Geldzahlungen der Aufgabenträger zu akquirieren ist unbekannt. Zuletzt ist solchen Plänen in Nordrhein-Westfalen gerichtlich ein Riegel vorgeschoben worden.

Bei der Allianz pro Schiene sieht man die Gesamtveranstaltung als ein „Bekenntnis zum Deutschlandtakt“ an. Verbandsgeschäftsführer Dirk Flege: „Es ist notwendig, dass der Aufbau des Deutschlandtakts vorankommt. Ein aufeinander abgestimmter, verlässlicher und dichter Fahrplan fördert die Attraktivität der Schiene. Das machen Länder wie die Schweiz Deutschland seit langem vor: Wenn das Angebot stimmt, fahren mehr Menschen mit der Eisenbahn. Der Deutschlandtakt muss kommen – je eher, desto besser.“

Aus Sicht der Allianz pro Schiene halten die finanziellen Zusagen des Bundes aber nicht mit seinen Ankündigungen Schritt. „Wir haben in den vergangenen Jahren viele gute Absichtserklärungen gehört“, so Flege. „Schon der Koalitionsvertrag von Union und SPD mit seinem Bekenntnis unter anderem zum Deutschland-Takt ist eine gute Grundlage für eine umwelt- und verbraucherfreundliche Verkehrspolitik. Jetzt geht es aber darum, die Absichten durch konkrete Finanzzusagen im Bundeshaushalt zu untermauern.“

Als Beispiele dafür nannte Flege die Stärkung der Schieneninfrastruktur einschließlich der weiteren Elektrifizierung des Bestandsnetzes, zweitens das Bundesprogramm Zukunft Schienengüterverkehr und drittens die Entlastungen bei Steuern und Abgaben. „Dieser Dreiklang würde die Schiene zukunftsfähig machen.“

Ausdrücklich begrüßte Flege die Forderung von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), die Mehrwertsteuer für Bahntickets im Fernverkehr von 19 Prozent auf sieben Prozent zu senken „Bei dieser konkreten Unterstützung für die Schiene darf die Bundesregierung ihren Verkehrsminister nicht ausbremsen, sondern muss ihn bei diesem wichtigen Vorhaben unterstützen.“

Weniger euphorisch zeigt sich Matthias Gastel, eisenbahnpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag: „Der gestrige Schienengipfel im Bundesverkehrsministerium hat gezeigt, dass die Bahnbranche genau die guten Ideen und durchdachten Konzepte hat, die es braucht, um den Schienenverkehr in Deutschland nach vorne zu bringen. Die Einigkeit im Zukunftsbündnis Schiene muss nunmehr in konkrete Maßnahmen für eine attraktivere Bahn münden. Daher brauchen wir jetzt verkehrspolitische Grundsatzentscheidungen zu Gunsten der Schiene. Dreh- und Angelpunkt aller Verbesserungen ist ein gut ausgebautes und vor allem leistungsfähigeres Schienennetz.“

Matthias Gastel: „Damit die Fahrgäste in Zukunft von den Vorteilen des Deutschland-Takts profitieren, muss der Bund seine Investitionen für den Ausbau des Bahnnetzes von heute rund 1,6 Milliarden Euro auf etwa drei Milliarden Euro bis zum Ende der Legislaturperiode hochschrauben. Dies nutzt auch den Güterbahnen, die auf einem ausgebauten Netz mehr Waren transportieren können. Wir erwarten vom Bundesverkehrsminister, dass er beim laufenden Verfahren zur Aufstellung des Bundeshaushalts 2020 für diese Investitionsoffensive erste Pflöcke einschlägt. Der Haushalt 2020 ist für uns der bahnpolitische Lackmustest, wie ernst es Andreas Scheuer mit den Ankündigungen auf dem Schienengipfel meint.“

Siehe auch: Schein und Sein

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