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Qualität statt Bevormundung

06.05.19 (Baden-Württemberg, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Wenn es nach dem dubiosen Umwelt-Hilfsverein und einem nicht geringen Teil der Eisenbahnbranche ginge, so würde man das Autofahren einfach verbieten. Wer „das Ende des Verbrennungsmotors“ fordert, ist im übrigen von einem solchen allgemeinen Autofahrverbot nicht weit entfernt. Aber mit weniger als totalitären Verbotsphantasien kommt da auch nicht zum Erfolg. Denn die Menschen steigen nicht auf Busse und Bahnen um, wenn man Autofahrern das Leben schikaniert, sondern wenn Busse und Bahnen gute Angebote machen.

Leider muss man der Eisenbahnbranche noch immer attestieren, dass diese Erkenntnis über weite Strecken nicht vorhanden ist. Der Weg in Mannheim ist aber der bessere und richtigere: Hier will man Busse und Bahnen attraktiver machen, mit allen Mitteln, die man so kennt. Die Vorteile der Digitalisierung werden ausgespielt und das zurecht. Das Smartphone ist nicht mehr bei irgendeiner Randgruppe zu verorten, sondern selbst die meisten über sechzigjährigen Kunden haben ein solches und können ihre Tickets und Fahrplanauskünfte per App erhalten.

Diese App muss auch der Schlüssel für Carsharing-Dienste oder die kurzfristige Möglichkeit der Fahrradunterstellung sein. Es müssen vernünftig vertaktete Angebote her, die aufeinander eingestimmt sind. Es ist nicht in Ordnung, wenn verschiedene Stellen in der Kommunalverwaltung ihr Ding durchziehen und oft nach Sandkastenmentalität aus Prinzip das Gegenteil dessen machen, was eine andere Teilen zuständige Stelle möchte.

Wenn aber alle an einem Strang ziehen, dann kann man soviel gutes erreichen: Warum sollte ich nicht in meiner App sehen, wo die Park-and-Ride-Anlage belegt ist und ob es heute besser ist, an einem anderen Bahnhof einzusteigen? Kann ich im fahrenden Zug Auskünfte über die Pünktlichkeit von Anschlussbussen gekommen? Kann man am Busbahnhof aktuelle An- und Abfahrtsinformationen verbreiten und wie sieht es umgekehrt aus?

Ist es möglich, dass auch in der Bahnhofshalle Echtzeitdaten der benachbarten Bushaltestelle veröffentlicht werden? Und muss man – gerade im Hinblick auf sich ändernde Arbeitszeiten – nicht auch jenseits des klassischen Berufsverkehrs Angebote machen? Denn wenn sonntags bis acht Uhr der Nachtfahrplan gilt, dann hat jemand im Schichtdienst ein Problem, wenn er nicht zur Frühschicht fahren kann.

Das beste ist immer, wenn man sich intensiv mit den Menschen unterhält, die mit Bussen und Bahnen fahren. Oder auch mit denen, die es nicht tun und dafür nicht selten gute Gründe haben. Hierfür muss man aber Eingaben der Bürger ernst nehmen und sich mit ihnen beschäftigen – anstatt mit Textbausteinen zu beantworten.

Kurz gesagt: Wir müssen etwas für Busse und Bahnen tun, wir müssen Menschen gewinnen. Verbots- und Bevormundungsphantasien, die in einer regulierungswütigen Gesellschaft mehrheitsfähig sein mögen, ändern effektiv nichts. Alle Ideologien vom neuen Menschen sind gescheitert – bauen wir statt dessen ein Angebot für den real existierenden Menschen auf.

Siehe auch: VRN stellt Maßnahmenpaket vor

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