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Interview mit VRR-Vorstandssprecher Ronald Lünser – Teil 2

08.05.19 (VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Ronald Lünser (54) ist seit diesem Jahr Vorstandssprecher des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) und steht einem der größten SPNV-Aufgabenträger vor. Zuvor war er 12 Jahre Geschäftsführer und Eisenbahnbetriebsleiter bei Abellio Rail NRW. Mit dem Eisenbahnjournal Zughalt.de sprach er über seinen Rollenwechsel in der Branche, die Qualität des SPNV und die Frage, wie man den von ihm geprägten Begriff Kultur der Anerkennung mit Leben füllen kann. Bereits gestern erschien der erste Teil.

Hat es durch die Finanzierung der Züge durch die Aufgabenträger eine Machtverschiebung zulasten der Auftragnehmer und zugunsten der Auftraggeber gegeben?

Normativ ist das so. Es ist eine verkürzte Wertschöpfungskette bei den Unternehmen. Gerade beim Modell, das wir im Fall der S-Bahn und des RRX angewandt haben, ist der Bereich der Wartung und Instandhaltung nicht mehr beim Verkehrsbetreiber. Das führt zu anderen Verhältnissen und zu einer sich ändernden Rollenverteilung. Das bietet aber die Chance, dass die Verkehrsunternehmen sich auf ihre Stärken und Kernkompetenzen konzentrieren können: Eine zuverlässige Beförderungsleistung. Gleichzeitig sind die Eisenbahnverkehrsunternehmen dafür verantwortlich, in unserem Auftrag die Leistungen der Instandhalter zu überwachen. Das Bereitstellungsentgelt wird daher von den Betreibern verwaltet und ausgezahlt.

Hat der VRR Eingriffsmöglichkeiten, wenn durch schlechte Instandhaltung die Qualität des Rollmaterials gefährdet ist? Ganz gleich, ob die Instandhaltung – wie beim ursprünglichen VRR-Modell – durch das Verkehrsunternehmen selbst erfolgt oder falls ein Dritter dafür verantwortlich ist?

Ja, selbstverständlich müssen wir unser Eigentum schützen. Die Fahrzeuge sind als Anlagekapital in unseren Büchern hinterlegt. Ingenieursgesellschaften sind in unserem Auftrag unterwegs, die Qualität unserer v Züge zu überwachen. Wenn wir feststellen, dass ein Unternehmen die Instandhaltung schlecht durchführt, könnten wir ein ähnliches Modell einsetzen wie ich es bei den Verkehrsunternehmen vorgenannt beschrieben habe.

Was passiert bei Unfällen? Ich erinnere Sie an einen nächtlichen Unfall bei der Nordwestbahn vor einigen Jahren, als mehrere Züge innerhalb einer Nacht unbrauchbar geworden sind. Sind die auf die einzelnen Verkehrsverträge zugeschnittenen Fahrzeugflotten ein Problem? Was passiert, wenn bei der S-Bahn etwas Ähnliches geschieht? Wie verhält sich dann der Aufgabenträger?

Auch das ist ein Punkt, den ich meine, wenn ich von neu zu denkenden Verkehrsverträgen spreche: In der jüngeren Vergangenheit stand der Wettbewerb über den Preis im Fokus. Das sorgte dafür, dass die Fahrzeugreserven sehr knapp bemessen wurden. Eine Idee wäre, dass man sich landesweit und netzübergreifend mit einer Fahrzeugreserve befasst.

Wird es in künftigen Verkehrsverträgen verpflichtende Ausbildungsquoten geben?

Ja. In zwei Richtungen: Einerseits muss man Schulabgängern eine Perspektive in der Berufsausbildung geben, aber man muss auch Quereinsteiger in den Beruf holen. Das gilt gerade deshalb, weil Ausbildung auch Geld kostet und den Unternehmen hier keine Vorteile entstehen sollen, wenn sie nicht bereit sind, Ausbildungen zu finanzieren.

Wird das auch funktionieren?

Davon bin ich überzeugt. Gerade weil alle zwölf Verkehrsunternehmen zwischen Rhein und Weser im Boot sind.

Lesen Sie morgen den zweiten Teil des Interviews.

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