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Der Wettbewerb ist im Alltag angekommen

04.04.19 (Bremen, Kommentar, Niedersachsen) Autor:Stefan Hennigfeld

Erinnern sich an die erste Vergabe der Regio-S-Bahn Bremen/Niedersachsen? Das ist jetzt über zehn Jahre her und es war das erste mal, dass ein ganzes S-Bahnnetz an eine Wettbewerbsbahn ging. Ein Novum der späten Nullerjahre, denn bis dahin war es üblich, dass die „Bundesbahn“ die langlaufenden RE-Linien ebenso wie den Metropolverkehr selbst fährt. Die „Privatbahnen“ fahren dann halt die Strecken, die es ohne Eisenbahnreform ohnehin nicht mehr gegeben hätte.

Und erinnern Sie sich an weitere Details? Es gab eine Tariftreueklausel in den Verdingungsunterlagen. Die damalige DB Heidekrautbahn GmbH zog vor die Vergabekammer mit der Argumentation, es sei nicht zumutbar, Löhne nach einem Verdi-Tarifvertrag für Eisenbahnen zu bezahlen. So war das damals. Von Personalakquise, Mitarbeitermangel und ähnlichem war noch keine Rede. Erst vor dem Oberlandesgericht wurde die Beschwerde dann zurückgezogen.

Was kam als nächstes? DB Regio schloss eine Werkstatt für 218er Dieselloks im Großraum Bremen und die Konzernkommunikation hat öffentlich einen Wirkungszusammenhang zwischen dem Ausschreibungsverlust und der Werkschließung suggeriert. Ob die damalige DB Heidekrautbahn GmbH (später unbenannt in DB Regio Rheinland GmbH und dann verschmolzen auf DB Regio NRW) mit 218er Dieselloks fahren wollte? Man weiß es nicht.

Aber es zeigt, dass die Selbstverständlichkeit, die wir heute in der Wettbewerbssituation sehen, noch immer relativ neu ist. Dass man im Zusammenhang mit einer Wettbewerbsbahn mal sagen wird „der alte S-Bahnbetreiber ist auch der neue“ war in einer gar nicht fernen Vergangenheit unvorstellbar. Und es zeigt, wie sehr der Wettbewerb die Qualität des Verkehrsträgers Schiene angehoben hat.

Das gilt im übrigen gerade auch im Zusammenhang mit dem Personalmangel: Denn natürlich hätte man ohne Wettbewerb einen gefühlt größeren Personalbestand. Ist ja klar, wenn das Marktvolumen um ein Drittel kleiner wäre, dann gäbe es weniger Arbeit und bei der gleichen Zahl Mitarbeiter würden einige sogar über Personalabbau nachdenken.

Die Realität aber ist eine andere: Wettbewerb auf der Schiene sichert auch Arbeit und Beschäftigung rund um die Eisenbahn. Wenn es Abbestellungen gibt, dann fallen Arbeitsplätze weg und wenn es Leistungsausweitungen gibt, dann werden Arbeitsplätze geschaffen. Die mit der Neuvergabe einhergehenden Leistungsausweitungen sorgen also dafür, dass die Nordwestbahn mehr Mitarbeiter einstellen muss.

Gleichzeitig suchen aber auch andere Eisenbahnverkehrsunternehmen in der Region Leute, sodass die Eisenbahner im Land sich ihren Arbeitgeber längst aussuchen können. Und auch der vielzitierte Betreibermangel, den DB Regio und der VDV im Zusammenhang mit der Wettbewerbssituation immer wieder aus dem Hut gezaubert haben, ist ausgeblieben. Was wir erleben ist ein in großen Teilen eingeschwungener Markt, in dem zahlreiche Akteure ein gemeinsames Produkt auf die Beine stellen. Im Regionalverkehr wird der Erfolg der Eisenbahnreform greifbar.

Siehe auch: Nordwestbahn behält S-Bahn Bremen

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