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Den Bürger mitnehmen

29.04.19 (go.Rheinland, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Der Ausbau der Linie S 11 wird zunächst einmal eine ganze Weile lang für Lärm und Dreck entlang der Baustellen sorgen. Aber das bleibt nun einmal nicht aus, denn am Ende ist das Ergebnis für alle positiv. Dennoch ist es nötig – und spätestens Stuttgart 21 zeigt das – dass man die Bürger mitnimmt. Unser Land verändert sich im Rahmen der zunehmenden Urbanisierung und der Landflucht: Städte wachsen und einstmals autark funktionierende Mittelstädte werden zum Umland großer Metropolen.

Damit verändern sich auch die Verkehrsströme und es braucht eine deutlich größere Infrastruktur. Diese muss gebaut werden und nicht selten sind alt-eingesessene Menschen betroffen, die es auf einmal nicht nur mit verstärkten Bauaktivitäten in ihrer Stadt zu tun haben, sondern auch mit deutlich größerem Verkehrsaufkommen. Aber auch diese Menschen kann man mitnehmen, man kann ihnen zuhören und man sollte Eingaben, Anregungen und Hinweise ernstnehmen.

Die Menschen vor Ort wissen oft am besten, wie die Situation bei ihnen ist. Deswegen sollte man engagierten Bürgern nicht mit Textbausteinen antworten, sondern diese aktiv in die Planung einbeziehen. Denn auch das ist Teil einer Zivilgesellschaft: Dass Menschen sich auf vielen Ebenen beteiligen und sei es nur in Bürgerinitiativen für oder gegen bestimmte Projekte.

Denn dass der Ausbau der S 11 im Rahmen der Knotenanalyse Köln notwendig ist, kann wohl niemand in Abrede stellen. Das war auch am vergangenen Donnerstag bereits hier das Thema. Doch gerade wenn man eine Strecke quer durch ein Naturschutzgebiet ertüchtigt, muss man sich Gedanken um ganzheitlichen Umweltschutz machen: Manchmal muss man eben einen Baum fällen oder geschützte und vom Aussterben bedrohte Tierarten umsiedeln, wenn die Alternative wäre, dass in Zukunft mehr Menschen mit dem Auto fahren und nicht auf die Bahn umsteigen.

Gerade wenn man sich andere deutsche Metropolregionen ansieht, da ist ein Zehn-Minuten-Takt auf einer S-Bahn keine Seltenheit, sondern was ganz normales. Bergisch Gladbach, das oft als das 87. Veedel von Köln angesehen wird, muss eben angemessen angebunden werden. Und auch innerhalb Kölns entstehen Neubaugebiete, die nur dann ernsthaft einen Nutzen entfalten können, wenn die durchfahrende S-Bahn auch hält.

Man kann die Notwendigkeit zwischen einer engen Verzahnung von Wohnungsbau- und Verkehrspolitik gar nicht oft genug betonen. Gerade in der jetzigen Zeit, wo sogar offen über Enteignungen gesprochen wird, ist es auf der Arbeitsebene umso wichtiger, dass man vernünftige Lösungen jenseits des politischen Diskurses findet.

Deshalb muss man auf Seiten der Eisenbahnbranche solche Planungen vorantreiben. Natürlich kann weder ein Aufgabenträger noch DB Netz dafür sorgen, dass man die wohnungspolitischen Probleme löst. Wohl aber ist es möglich, freundlich die Hand auszustrecken und zu sagen: Wir können das und das beitragen. Wir sind in der Lage, uns an gemeinsamen Tätigkeiten zu beteiligen. Das Zeichen muss man setzen.

Siehe auch: Köln: S11-Vorzugsvariante veröffentlicht

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