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Viele kleine Erfolgsgeschichten

21.03.19 (Baden-Württemberg, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Im urbanen Ballungsraum hat man es in puncto Organisation immer noch relativ einfach: Der Massenverkehr muss organisiert werden und dafür braucht man enge Takte und große Züge. Doppeldeckerwaggons, Mehrfach-traktion, dazu einen vertakteten Zubringerverkehr. Viele Probleme, die etwa im Ruhrgebiet bei den Fragen nach den Anschlüssen zwischen dem SPNV und dem kommunalen Busverkehr bestehen, wären relativ leicht zu lösen, wenn es denn einen entsprechenden Willen gäbe.

Ein verlässliche Mobilitätsverfügbarkeit in den kleinen und mittleren Städten zu organisieren ist da schon deutlich schwieriger. Die alte Weisheit, dass man nicht alle Relationen sinnvoll mit Bus und Bahn abdecken kann, ist schon richtig. Und ein Halbstundentakt am Samstagabend in jedes Dorf wäre sicher unwirtschaftlich und nicht zielführend.

Wobei, lassen wir das Große und Ganze nicht aus den Augen: Selbstverständlich soll der jetzt im dritten (oder wievielten?) Koalitionsvertrag festgeschriebene Deutschlandtakt auch über die Schiene hinausgehen und sich bei der Flächenerschließung mit dem Bus fortsetzen. Das war doch mit der angeblichen neuen Ernsthaftigkeit gemeint, die die Allianz pro Schiene der Bundesregierung attestiert hat (falls sich noch jemand erinnert, es ist nicht all zu lange her).

Das heißt, dass an einem Sackbahnhof in einer Kleinstadt idealerweise die Busse so ankommen, dass sie kurz vor der Abfahrt des Zuges die Fahrgäste bringen und kurz nach der Ankunft die Feinerschließung übernehmen. Jetzt kommt es aber auf die Frage nach zusätzlichen guten Ideen an: Rufbetrieb oder multimodale Angebote auch abseits des urbanen Raums. Warum sollte man nicht im Allgäu auch das Leben mit drei dort stehenden Carsharing-Autos in einem Dorf vereinfachen?

Ja, die Menschen dort legen tendenziell mehr Kilometer zurück, aber auch dort sind Fahrzeuge über weite Strecken Stehzeuge, weil sie während des Arbeitstages vor der Firma und nach Feierabend vor dem Haus stehen. Und auch wenn man hier sicher nicht von oben herab eine klare Ansage machen kann, was vor Ort die beste Lösung ist, so zeigt sich dennoch, dass es geht.

Die vielen kleinen Erfolgsgeschichten, die man vor Ort schreibt, werden oft schon drei Dörfer weiter nicht mehr wahrgenommen, aber sie sind nicht selten erfolgreich. Umso wichtiger ist, dass eine Landesregierung aktiv wird und derartige Auszeichnungen vergibt. Dadurch erreicht man, dass auch Bürgermeister und Landräte miteinander ins Gespräch kommen und dass in A-Dorf erfolgreiche Dinge auch in B-Dort mit den dort vorhandenen Umständen übernommen werden.

Voneinander lernen und miteinander sprechen sind die Zauberworte, die in der Kommunalpolitik viel zu selten vorhanden sind. Doch wenn die viel zitierte neue Ernsthaftigkeit kein Witz ist, dann muss man sich mit genau solchen Dingen beschäftigen. Hierfür braucht man allerdings konkrete Taten vor Ort und keine schwülstigen Sonntagsreden. Am Ende geht es darum, Menschen mit Auto auf die Schiene zu bekommen – und nichts anderes.

Siehe auch: BW: Land vergibt Innovationspreise

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