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Schöne neue Ernsthaftigkeit

25.03.19 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Wenn es ums Geld geht, dann hat sich das Thema mit der neuen Ernsthaftigkeit, die erst im Herbst 2018 so hoch gelobt worden ist, sehr schnell erledigt. Dabei ist klar, dass man von warmen Worten weder die Kapazitäten erhöhen noch den Komfort verbessern kann. Wenn man wirklich eine Wende zum Schienenverkehr einleiten möchte, dann ist es auch notwendig, diese ausreichend zu finanzieren.

Damit wir uns klar verstehen: Eine solche Wende zur Schiene gab es bislang nicht und die gestiegenen absoluten Fahrgastzahlen der letzten Jahre bilden ausschließlich das insgesamt höhere Gesamtverkehrsaufkommen ab. Und während auf der einen Seite ein „Investitionshochlauf“ (ob so ein Wort im Duden steht?) gefordert wird, um mit Deutschlandtakt, mehr Kapazitäten und weiß der Kuckuck was noch allem die schöne neue (und ernsthafte, vergessen wir nie die neue Ernsthaftigkeit) Eisenbahnwelt gefordert wird, scheitert das in der realen Welt an manchmal ganz trivialen Dingen.

Denn wer auch heute wieder am Bahnsteig steht und vergeblich auf den wegen Personalmangel ausfallenden Zug wartet, dem ist im Zweifel egal, wie oft das Wort Deutschlandtakt im Koalitionsvertrag steht. So jemand fährt irgendwann mit dem Auto und kommt so schnell zur Schiene nicht mehr zurück. Ist das jetzt polemisch? Wenn Sie das so sehen möchten, ist das in Ordnung, aber ich weise darauf hin, dass bei allen Forderungen, Hochglanzbroschüren, Zielnetzen und Ankündigungen die praktische Betriebsrealität nicht in Vergessenheit geraten darf.

Wenn im Regen wegen irgendeiner Langsamfahrstelle der Anschluss platzt, dann hat es sich schnell erledigt mit der Verkehrswende. Das gilt ebenso wenn sich herausstellt, dass irgendein InterCity leider unwirtschaftlich ist und eingestellt werden muss. Überhaupt: Warum sprechen alle über den Deutschlandtakt, aber niemand stellt die Eigenwirtschaftlichkeit infrage, nach dessen Prinzip der SPFV auch heute noch funktioniert.

Langsam dürfte doch jeder gemerkt haben, dass die zahlreichen Bundesratsbeschlüsse zum Thema Fernverkehr alle auf dem Postweg in den Bundestag verloren gehen. Das ist im übrigen auch der Grund, warum die Initiative Deutschlandtakt seit Jahren nicht mehr weiterkommt: Keiner dort traut sich zu sagen, dass ein flächendeckender SPFV nur dann funktionieren kann, wenn es eine Aufgabenträgerschaft gibt. In der Regel sind Eisenbahnleistungen allein aus den Fahrgelderträgen nun einmal nicht auskömmlich finanzierbar.

Das auszusprechen mag jetzt den einen oder anderen bei der DB AG verärgern, aber wenn man den Verkehrsträger Schiene mit neuer Ernsthaftigkeit und im Interesse des Geistes der Eisenbahnreform weiterentwickeln möchte, dann muss man auch Dinge sagen, die große Teile der Branche nicht hören möchten. Und bevor man sich Fragen nach der Finanzierung stellt, muss man sich überlegen, ob nicht zuerst die Pläne und Konzepte hinterfragt werden müssen. Denn in einem haben sie alle recht: Wir brauchen eine deutlich bessere Schiene.

Siehe auch: Bahnverbände fordern mehr Geld für die Schiene

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