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Aufenthaltsqualität schaffen

11.03.19 (Kommentar, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Seit weit über zehn Jahren stellt der VRR jetzt regelmäßig seinen Stationsbericht vor und viele weitere Aufgabenträger haben zwischenzeitlich nachgezogen. Was der größte Aufgabenträger in der Europäischen Union macht, hat eben doch Signalwirkung für das, was andere tun. Und es ist auch notwendig, die strukturelle Situation der Aufenthaltsqualität zu bewerten.

Umso richtiger ist die Entscheidung, auch den Zustand der Bahnhofsimmobilien mit einzubeziehen. Denn selbst wenn diese betrieblich nicht mehr genutzt werden, so tragen sie doch erheblich zur Gesamterscheinung eines Regional- oder sogar Fernbahnhofes bei. Nicht umsonst sagt man, dass der Hauptbahnhof die erste Visitenkarte einer jeden Stadt ist.

Und wenn man, wie etwa in Ennepetal, eine abrissreife Bretterbude da stehen hat, dann kann der Bahnsteig noch so schön sein, der Bahnhof bleibt ein hässlicher Schandfleck. Dabei kann man nicht immer Vorwürfe gegen die DB AG erheben. Im Gegenteil: Wenn die Bahnhofsimmobilie verkauft wird, oft an einen von der Stadt mitausgesuchten Investor, dann sind diese für den Zustand verantwortlich.

In Witten kann man gerade sehen, wie sich so ein Bahnhofsgebäude auch zum Positiven entwickeln kann. Die Substanz des Gebäudes war stets schön, aber in den letzten Jahrzehnten hatte es den typischen Charme, den man von der alten Bundesbahn kennt: Die Scheiben waren oft eingeschlagen, es roch nach Fäkalien und von Aufenthaltsqualität konnte keine Rede sein. Das hat sich erheblich zum Guten gewandelt.

Hier ist es auch die Sache des Aufgabenträgers, die verschiedenen Städte, Investoren, aber auch Vertreter der DB AG miteinander ins Gespräch zu bringen. Denn wer sich morgens vor der Arbeit schon am Bahnhof das erste Mal vor dem Geruch ekelt, der steigt schneller aufs Auto um, als wenn man eine hohe Aufenthaltsqualität schafft.

Dazu kommt natürlich allerdings auch weiterhin die betriebliche Komponente: Aufzüge und Rolltreppen müssen funktionieren, Anzeiger müssen intakt sein und die Fahrgastinformation muss laufen. Hier liegt seit Jahren der Vorschlag auf dem Tisch, dass für den Fall von Schlechtleistungen die Infrastrukturbetreiber auf die gleiche Art zu pönalisieren sind wie die Verkehrsunternehmen. Und das zurecht.

Wenn der Aufzug kaputt ist wird die Gebühr für die Station eben gekürzt. Analog gilt das für Bahnhofsuhren, Rolltreppen und was eben alles da ist. Es ist eben nicht immer durch mangelnde Finanzierung zu erklären, dass die Bahnhöfe in einem schlechten Zustand sind. Man muss ökonomischen Druck ausüben. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Qualität im Verkehrsbereich erheblich gestiegen ist und das gerade weil die Unternehmen unter zusätzlichem Druck stehen.

Niemand würde heute mehr ernsthaft behaupten, dass sich Schlechtleistungen mit zu wenigen Bestellerentgelten begründen ließen. Auch im Bereich der Infrastruktur muss man das anerkennen. Hier gilt: Steter Tropfen höhlt den Stein. Umso wichtiger ist, dass solche Publikationen immer wieder und wieder vorgelegt werden.

Siehe auch: VRR legt Stationsbericht 2018 vor

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