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NRW startet Fokus Bahn

21.02.19 (Nordrhein-Westfalen, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die drei Aufgabenträger in Nordrhein-Westfalen Nahverkehr Rheinland (NVR), Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) und Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) haben gemeinsam mit dem Landesverkehrsministerium das Programm Fokus Bahn gegründet. Es soll die Situation im Eisenbahnverkehr zwischen Rhein und Weser verbessern. Mitinitiatoren sind auch die im Land tätigen Eisenbahnverkehrsunternehmen: Abellio Rail NRW, DB Regio NRW, Keolis Deutschland – Eurobahn, National Express, Nordwestbahn, Regiobahn, Rurtalbahn, VIAS Rail und Westfalenbahn.

Dabei steht der Personalmangel im Vordergrund. Bei einer Veranstaltung der Bahnunternehmen in Nordrhein-Westfalen, der „Jobparade“ in der Landeshauptstadt Düsseldorf, erläuterten Branchenvertreter die Hintergründe, Inhalte und Ziele des neuen Programms. Zum Auftakt unterzeichneten die Bahnunternehmen ein Abkommen über die Erstattung von Ausbildungskosten bei Unternehmenswechseln.

Für die dreijährige Berufsausbildung der Lokführer (Eisenbahner im Betriebsdienst) oder auch für eine neun- bis zwölfmonatige Umschulung, die Quereinsteiger qualifiziert, trägt das jeweilige Eisenbahnunternehmen die Kosten. Um zu verhindern, dass Unternehmen aus Angst vor Abwerbeversuchen der Mitbewerber weniger Personal ausbilden, unterzeichneten die Geschäftsführer der Bahnunternehmen in NRW eine Selbstverpflichtung zur Erstattung von Ausbildungskosten untereinander.

„Dies funktioniert in etwa so wie die Ausbildungsvergütung von Profifußballclubs an die ausbildenden Amateurvereine“, erklärt der Programmleiter und Geschäftsführer des Zweckverbands Nahverkehr Westfalen-Lippe Joachim Künzel. Mit ihren Unterschriften unter den Vertrag über die Ausbildungskostenerstattung, so Künzel, bekräftigten die NRW-Bahnunternehmen ihr gemeinsames Engagement zur Fachkräfteausbildung und setzten ein starkes Zeichen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Bei der Ansprache neuer Mitarbeiter arbeiten die Bahnunternehmen in Nordrhein-Westfalen eng zusammen und haben unter anderem mit der „Jobparade“ eine gemeinsame Arbeitgeber-Kampagne ins Leben gerufen. „Der Fachkräftemangel trifft nicht nur einzelne Unternehmen, sondern das gesamte System Bahn. Die Personalgewinnung darf deshalb kein Einzelkampf sein. Hier ist Zusammenarbeit gefordert“, betonte Andree Bach, DB Regio-Chef in NRW.

„Der Betrieb muss sichergestellt sein, das ist die Aufgabe aller Beteiligten. Deswegen ist es gut, dass die Branche gemeinsam an Lösungen arbeitet“, erklärte Verkehrsminister Hendrik Wüst. Viele interessierte Fachkräfte und potenzielle Lokführer sind mit Blick auf die Digitalisierung und Entwicklungen wie dem autonomen Fahren verunsichert, ob der Beruf langfristig eine Perspektive hat.

„Die Technik ist aber noch lange nicht so weit, dass sie den Menschen ersetzen kann“, erklärte VRR-Vorstand Ronald Lünser. „Wer heute bei uns anfängt, kann sein gesamtes Berufsleben in der Bahnbranche in NRW verbringen, wenn er will“, ergänzte Rainer Blüm, Geschäftsführer der Abellio Rail NRW. Diese Tätigkeiten seien zudem krisenfest, unterstrich Blüm: „Menschen müssen mobil sein, gerade im Alltag. Der SPNV ist nicht konjunkturabhängig.“

Die „Jobparade“ wurde durch Guildo Horn als Testimonial unterstützt. „Der Nahverkehr auf der Schiene macht Millionen Menschen mobil. Gleichzeitig bietet die Branche umweltfreundliche Mobilität und zukunftssichere Arbeitsplätze. Für mich ist diese Kampagne deshalb eine Herzensangelegenheit“, erklärte der Entertainer, der schon vor über zwanzig Jahren für Deutschland beim Eurovision Song Contest aufgetreten ist.

Alle Bahnunternehmen in Nordrhein-Westfalen suchen zurzeit händeringend Personal, insbesondere Lokführer, Zugbegleiter oder Kundenbetreuer. Ein Grund dafür ist der demografische Wandel. Das Durchschnittsalter der Lokführer liegt bei über fünfzig Jahren. Allein durch den Ausstieg der rentennahen Jahrgänge werden mittelfristig hunderte neuer Mitarbeiter gebraucht.

Den Personalmangel spüren inzwischen auch die Fahrgäste: Landesweit müssen immer häufiger ganze Zugverbindungen ausfallen, weil Lokführer oder Zugbegleiter erkrankt sind. Hier liegen in Nordrhein-Westfalen keine unternehmensspezifischen Ursachen mehr vor, sondern die Branche als Ganzes schafft es nicht, mit dem in den letzten Jahren erheblich gestiegenem Marktvolumen zurechtzukommen. Umso wichtiger ist die gemeinsame Positionierung auf dem Arbeitsmarkt.

Siehe auch: Die Schiene hat Euch lieb

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