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Chancen der Digitalisierung nutzen

21.01.19 (Baden-Württemberg, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Man darf gespannt sein, ob es wirklich gelingen wird, nennenswert Verkehrsanteile vom Auto auf Busse, Bahnen und multimodale neue Verkehrsmittel zu verlagern. Das Smartphone ist hier tatsächlich der Schlüssel zu vielem, weil so eine App die verschiedenen konventionellen und neuen Angebote unter dem Dach eines Mobilitätsverbundes (der sich über weit mehr definiert als den Einheitsfahrschein) in sich vereint.

Mit der Straßenbahn zur Arbeit, mit dem Kurzzeit-Mietwagen zum Einkaufen und mit dem Fahrrad sonntags in die Natur. Wobei das alles solange gut klingt, bis man sich einmal näher anschaut, wie denn das konventionelle Angebot ist. Sind Busse und Bahnen gut miteinander vertaktet? Wie lange muss der Berufspendler am Hauptbahnhof auf seinen Bus warten, wenn er Feierabend hat?

Und im Zeitalter fortschreitender Urbanisierung muss man sich um die Frage Gedanken machen, in welcher Form man auch die umliegenden kleineren und mittleren Städte anschließen kann. Schon lange erleben die Städte rund um Karlsruhe einen ungeahnten Boom. Das dortige Karlsruher Modell, dessen Erfolg selbst die Macher und Befürworter in dieser Form überrascht hat, zeigt wie viel Potential der Verkehrsträger Schiene gerade für den Regionalverkehr hat.

Die Menschen sind, und zwar auch ältere Generationen, bereit das Auto stehenzulassen, wenn man ihnen ein gutes Angebot macht. Dieses gute Angebot ist aber nicht ausschließlich eine Frage ausreichender öffentlicher Gelder, sondern die Verantwortlichen müssen genau wissen, wie die Verhältnisse vor Ort sind und sich Gedanken um Vernetzung verschiedener Angebote machen.

Es ist eben nicht in Ordnung, wenn ein Busbahnhof über einen Kilometer vom Eisenbahn-Haltepunkt entfernt ist und die für den Busverkehr zuständige Gebietskörperschaft sich jede Einmischung durch den SPNV-Aufgabenträger verbittet. Ja, es gibt solche Fälle überall in Deutschland und jeder, der auf der mittleren Verwaltungsebene dieser Branche tätig ist, wird genau solche in großer Zahl schon erlebt haben.

Ein kommunales Planungsamt macht, was es möchte und verschiedene Städte sind nicht in der Lage, gemeinsame Busverbindungen zu organisieren. Hier liegt tatsächlich viel Arbeit vor den zuständigen Verkehrsplanern inklusive der Bereitschaft, auch Planungshoheiten entweder an höhere Stellen abzugeben oder aber von sich aus eine bessere Zusammenarbeit hinzukriegen. Im Zeitalter von angedrohten Fahrverboten haben Busse und Bahnen eine Ausgangslage, die den meisten wohl noch vor ein paar Jahren als unvorstellbar erschienen wären.

Umso wichtiger ist, dass man es jetzt schafft, mit einem guten Angebot zu reagieren. Und ja, dazu gehören Digitalisierung und Multimodalität ebenso wie die Grundbedingungen eines guten Angebotes auf Straße und Schiene. Dem Fahrgast ist am Ende egal, ob sein Bus mit Diesel, Wasserstoff oder elektrischem Strom fährt. Der Fahrgast möchte ein gutes und zuverlässiges Angebot. Das darf man bei allem Tamtam nicht vergessen.

Siehe auch: Freiburg: Digitalisierung geht weiter

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