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Alter Wein in neuen Schläuchen

24.01.19 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist nicht das erste mal, dass irgendein Masterplan, irgendeine „neue Ernsthaftigkeit“ oder ein Sofortprogramm verkündet wird. Ob man es jetzt aber wirklich und diesmal in echt kurzfristig schafft, die strukturellen Probleme gerade des Fernverkehrs in den Griff zu bekommen, sei zunächst einmal dahingestellt.

Und seien wir ehrlich: Vieles von dem, was da präsentiert wird, wurde zuletzt mit ähnlichem Aufwand im Jahr 2015 vorgestellt, als das Programm „Zukunft Bahn“ an den Start gegangen ist. Ein Programm, das bereits im Vorfeld unter dem Arbeitstitel „Eisenbahn in Deutschland“ intern diskutiert worden ist.

Mehr und bessere Fahrgastinformationen, Investitionen in die Werkstätte, neue Mitarbeiter: Nichts von dem ist wirklich neu. Geändert haben sich die Dinge seitdem eher zum negativen. Was wir bräuchten wären neue Formen der Disposition. Wenn ein verspäteter ICE in einen Knoten kommt, dann holt man nicht den pünktlichen und kaum langsamer fahrenden Regionalexpress auf die Seite.

Der Fahrplaneinhalter hat Vorrang, während der Fahrplanverletzter waren muss. Ich weiß sehr wohl, dass das nicht so einfach geht und dass hier gerade bei relativ langsamen Regionalzügen im Netz andere Entscheidungen getroffen werden müssen. Aber es kann nicht sein, dass der in Köln endende aus Berlin kommende ICE mit seinen Verspätungen in Hagen regelmäßig den Fahrplan der RE-Leistungen Richtung Wuppertal durcheinanderwirbelt.

Hier ist dem kaum langsamer fahrenden Regionalzug mit deutlich mehr Menschen drin Vorrang zu gewähren. Und dann ist da ein Punkt in der Argumentation der DB-Konzernspitze, der geht gar nicht: Man suggeriert unwissenden Politikern ernsthaft, dass man aus eigenen Stücken in die S-Bahnflotten in Hamburg, München oder andere Teile des Regionalverkehrs investieren würde.

Es fängt damit an, dass die neuen Züge der Münchener S-Bahn durch die BEG finanziert werden. Aber selbst wenn sie das nicht würden, alle Züge, die im Regionalverkehr fahren, werden faktisch durch die Besteller finanzieren, manche direkt und manche indirekt. Die DB AG ist nicht der Retter des Nahverkehrs, im Gegenteil: DB Regio ist einer von vielen Akteuren auf der Schiene.

Die Besteller legen die Kapazität der Züge fest und bestimmen den Fahrplan. Bei einer Neuvergabe von Verkehrsleistungen können sich verschiedene Unternehmen bewerben, auch DB Regio. Dabei ist es für den Fahrgast unerheblich, ob der Zug gelb, grün, silber, blau oder verkehrsrot ist. Und dass der Regionalverkehr im Vergleich zum Fernverkehr eine solche Erfolgsgeschichte ist, liegt genau daran.

Es gibt unabhängige Aufgabenträger, die gemeinwirtschaftlich arbeiten und vor Ort den Verkehr planen und organisieren. Verschiedene Akteure sorgen dafür, dass eine eingeschwungene Wettbewerbssituation vorhanden ist, sodass die Preise bei vernünftigen Vergabebedingungen stets marktnah sind. Das ist bei DB Fernverkehr anders: Hier gibt es kein Controlling und keine politische Steuerungskraft. In dieser Sache traut sich aber leider keiner, Veränderungen zu fordern. Schade.

Siehe auch: DB AG legt Fünf-Punkte-Plan vor

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