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Ein Vierteljahrhundert Schienenrettung

06.12.18 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Mehr als 25 Jahre ist es jetzt her, dass man im Bundestag die Eisenbahnreform politisch beschlossen hat. Nach einem Vierteljahrhundert, also nach einer Generation, kann man mit Fug und Recht eine umfassende Bestandsaufnahme machen. Das Problem, das wir heute haben, ist dass der DB-Konzern aus seiner Struktur heraus das Produkt einer abgebrochenen Eisenbahnreform ist.

Zahlreiche Konzerngesellschaften sind zwar unter einem Dach, arbeiten jedoch trotzdem auf eigene Rechnung und vertreten – bei allem Respekt vor dem Konzernfrieden – ihre eigenen Interessen, zum Teil auch gegeneinander. Es sieht nicht danach aus, als würden die Vorteile des integrierten Konzerns hier zur Geltung kommen, dafür aber viele Nachteile.

Sicher, man hat regulativ inzwischen viele Probleme gelöst. Aber was heißt das? Noch immer ist die Eisenbahninfrastruktur den Renditezielen des Konzerns verpflichtet. Derweil ist die Verantwortung für den Regionalverkehr an die Länder gegangen und hier sind viele Erfolgsgeschichten geschrieben worden: Der Wettbewerb auf der Schiene hat dafür gesorgt, dass wirtschaftliche Strukturen hergestellt werden.

Viele Strecken, die es unter der Verwaltung der alten Behördenbahn wohl nicht ins neue Jahrtausend geschafft hätten, sind heute teilweise mit großem Erfolg im Taktverkehr belebt worden. Es spielt dabei auch keine Rolle, ob „die Bundesbahn“ in Form von DB Regio dort fährt oder jemand anders. Ein verlässliches und vertaktetes Angebot bringt die Leute auf die Schiene.

In vielen Bundesländern werden Statistiken geführt, wie viel mehr jährliche Zug- oder Sitzplatzkilometer man jetzt anbietet – die Zahlen sind in den letzten 25 Jahren erheblich gestiegen. Kurzum: Überall da, wo man mit Engagement vor Ort etwas bewegen konnte, ist die Eisenbahn wieder zu einem ernsthaften Verkehrsträger geworden.

In der alten Zeit, als noch alles unter dem Namen Bundesbahn lief, war der Verkehrsträger Schiene vieles: Ein großer Schattenhaushalt für die Politik, eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, eine Versorgungsinstitution für alle möglichen Leute, nur der Verkehrsträger Schiene, der hat gelitten. Man möge sich auch einfach mal eine (west-)deutsche Schienenkarte von 1945 ansehen und mit einer von 1994 vergleichen.

Da kann man sehen, was die alte Bundesbahn von Daseinsvorsorge gehalten hat: In dieser rund fünfzigjährigen Periode ist soviel Infrastruktur zerschlagen worden, dass man wohl Generationen brauchen wird, diese wieder aufzubauen – falls das überhaupt geht. Die Eisenbahnreform hat verhindert, dass die Schiene völlig ins Hintertreffen gerät.

Zur Erinnerung: Am Ende seiner Kanzlerschaft hat Helmut Schmidt gesagt, Deutschland könne sich nur entweder eine Bundesbahn oder eine Bundeswehr leisten. Wir wissen nicht, wie es eisenbahnpolitisch weitergegangen wäre, aber das Gespenst der betriebswirtschaftlich optimalen Schiene, die auf bundesweit rund dreitausend Kilometern Streckennetz subventionsfrei ausgekommen wäre, geisterte lange durch die Bonner Republik. Vor 25 Jahren wurde die Schiene also gerettet.

Siehe auch: NEE zu 25 Jahre Eisenbahnreform

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