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Überholen ohne einzuholen

22.11.18 (Hamburg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Der Ausstieg aus der Kernenergie ist beschlossene Sache. Die Kohlekommission in Berlin diskutiert dieser Tage über die Frage, ob die Kohleverstromung in zehn oder zwanzig Jahren enden soll, aber auch hier hat man sich in Deutschland entschieden: Weg damit. Bald soll unser Strom grün werden: Wir schaffen das. Derweil wurde für die erste Bundesautobahn, ganz konkret im Ruhrgebiet, ein Dieselfahrverbot erlassen.

Nun sei das Thema Dieseltraktion im Autoverkehr an dieser Stelle ausgeklammert, weil es einerseits zu weit führt und andererseits auch nicht der Problem der Eisenbahn- und ÖPNV-Branche ist. Tatsache ist aber, dass der konventionelle Dieselbus schon heute nur für einen verschwindend geringen Bruchteil der urbanen Schadstoffausstöße verantwortlich ist.

as bedeutet, selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass es gelänge, den Busverkehr vollständig auf elektrische Traktion umzustellen, ist es kaum möglich, die Schadstoffausstöße zu senken. Wo der Strom (abseits der Ladeinfrastruktur) herkommen soll, ist nochmal eine andere Frage. Einfach aus der Steckdose stammt der jedenfalls nicht.

Und ist es überhaupt wirtschaftlich darstellbar, ganze Flotte ohne Sondersubventionen von der konventionellen Dieseltraktion wegzubringen? Es sieht in allen praktischen Erfahrungen jedenfalls nicht danach aus. Es gelingt einfach nicht, Busse zu bauen, die nicht bei ihrer Indienststellung schon durch die neue Entwicklung im Bereich des Dieselmarktes in den Schatten gestellt worden wären.

Ja, das Marktvolumen bei Dieselbussen ist nach wie vor das mit Abstand größte und infolgedessen haben wir dort auch eine breite Palette an Herstellern. Die aber sorgen mit ihrer Konkurrenzsituation dafür, dass sie immer besser, effizienter und moderner werden müssen. Im Grunde ist der Markt unter den Herstellern konventioneller Dieselbusse ein Lehrbuchbeispiel dafür, wie Marktwirtschaft effektiv funktioniert.

Ein Bus, der heute die Abgas- und Treibstoffverbrauchswerte aus dem Jahr 2016 hat, der wäre heute nicht mehr zu verkaufen, weil er schlicht nicht mehr mithalten kann mit der Konkurrenz, die sich jetzt für das Jahr 2019 bestellen lässt. Ob man, mit wirklich viel Subventionen, ernsthaft in der Lage ist, dafür zu sorgen, dass die alternativen Traktionsarten den konventionellen Dieselbus eines Tages in seiner durch die unsichtbare Hand des Marktes vorangetriebenen Entwicklung überholen werden.

Beim branchenweiten Warten auf Godot oder den Zauber-Elektrobus, der jeden Dieselbus in den Schatten stellt, denke ich immer wieder an den alten Spruch „überholen ohne einzuholen“. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass man wirklich den Dieselbus verdrängen kann. Viel wichtiger ist es, dafür zu sorgen, dass moderne Busse in den Fuhrparks stehen, sodass die Verkehrsunternehmen auch am technologischen Fortschritt partizipieren. Das gilt oft und gerade auch – zumindest gefühlt – für die Subunternehmer der kommunalen Monopolisten. Auch hier muss man dafür sorgen, dass stets moderne Dieselbusse fahren. Und das wird noch sehr lange so bleiben.

Siehe auch: Hochbahn plant den Dieselausstieg

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