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Sich für die Bieter attraktiv machen

19.11.18 (Baden-Württemberg, Bayern, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Silka Reich

Kann es einem Fahrgast egal sein, welches Unternehmen seinen Zug fährt? Im Grunde ja. Denn selbst wenn der Aufgabenträger nicht die Fahrzeuge oder zumindest deren Lackierung vorgibt, so definiert er doch die Taktdichte, die Gefäßgröße und vieles mehr. Wenn es also im Rahmen einer Neuvergabe zu einer Verbesserung (oder auch einer Verschlechterung) bestimmter Dinge kommt, dann liegt das nicht oder nicht primär am Betreiber selbst.

Dennoch ist es wichtig, deine hohe Zahl an Bietern im Markt zu haben, um sicherzustellen, dass sich auch weiterhin der Aufgabenträger im Rahmen des geltenden Vergaberechts den Bieter aussuchen kann und dass nicht umgekehrt der Bieter sich überlegen kann, bei welchem Aufgabenträger man jetzt an der Ausschreibung teilnimmt und wo man es jetzt mal nicht macht.

Denn die Befürchtungen, die vom VDV und von DB Regio nach dem Abellio-Urteil geäußert worden sind, hatten ja einen wahren Kern: Man muss sicherstellen, dass viele Unternehmen im Markt sind. Aber mit fairen und einklagbaren Chancen für alle wird der deutsche Eisenbahnmarkt, das kann man jetzt fast acht Jahre nach dem Abellio-Urteil deutlich erkennen, auch für alle interessanter.

Deswegen sind mit National Express und Go-Ahead zwei internationale Verkehrskonzerne neu in den deutschen Eisenbahnmarkt eingetreten und deswegen stehen auch weitere potentielle Akteure vor der Tür. Anstatt eine hohe Zahl von langfristigen Vertragsverlängerungen und freihändigen Vergaben zugunsten der Bundesbahn, Pardon, zugunsten von DB Regio zu machen, war es richtig, die Rechtslage so zu belassen.

Natürlich mag es immer mal wieder einzelne Aufgabenträger geben, die sich mehr Bieter wünschen. Aber die müssen sich dann auch überlegen, wie sie es schaffen, sich für gute Unternehmen attraktiv zu machen. So wie sich die Eisenbahnunternehmen als Arbeitgeber gut aufstellen müssen, um Personal zu bekommen, so müssen sich auch die Aufgabenträger gut aufstellen.

Es muss eine faire Chance für alle geben, es darf nicht auf einen Wunschbetreiber hinauslaufen (manchmal ist dieser verkehrsrot, genau so häufig trägt der aber auch die Farben eines bestimmten Bundeslandes), sondern diejenigen, die mit viel Aufwand ein Angebot erstellen, müssen die faire Chance haben, dafür entlohnt zu werden. Auch die Idee, dass die zweit- und drittplatzierten Unternehmen eine gewisse Entschädigung für die Ausschreibungsteilnahme bekommen, macht den Aufgabenträger attraktiver.

Das ist nämlich auch ein Punkt, den so manch einer noch nicht verinnerlicht zu haben scheint: Ein Aufgabenträger ist eben nicht der gönnerhafte Onkel mit dem Schlüssel zur Kasse, sondern er ist in der Regel jemand, der einen sucht, der sich für Jahrzehnte bindet, viel Geld investiert und ein sehr langfristiges Geschäft macht. Umso wichtiger sind politische Verlässlichkeit und faire Vergabeverfahren. Wenn man das, wie jetzt in Baden-Württemberg oder auch in großen Teilen von Nordrhein-Westfalen sichergestellt ist, dann sind immer genug Bieter da.

Siehe auch: NV.BW und BEG: Vertragsunterzeichnung bei Go-Ahead

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