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Sachsen plant landesweiten Aufgabenträger

08.11.18 (Sachsen) Autor:Stefan Hennigfeld

Im Freistaat Sachsen wurde letzte Woche die Entscheidung getroffen, dass der SPNV künftig von einer landeseigenen Gesellschaft organisiert werden soll. Diese soll die Aufgabenträgerschaft für ganz Sachsen innehaben und neben dem Eisenbahnverkehr auch den überregionalen Busverkehr planen. Zudem soll, oberhalb der bestehenden Verbundtarife, in absehbarer Zeit auch ein Sachsentarif entstehen.

Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) hat sich in ungewohnter Direktheit geäußert: „Eines meiner Hauptziele als Verkehrsminister ist ein moderner, bürgernaher und preiswerter öffentlicher Nahverkehr. Das habe ich auch immer offensiv vertreten. Die dafür vom Landtag im Jahr 2015 eingesetzte ÖPNV-Strategiekommission sollte gemeinsam mit den zuständigen Zweckverbänden Lösungen aufzeigen, wie wir dieses Ziel noch in dieser Legislaturperiode bestmöglich umsetzen können. Leider war eine konkrete Umsetzung der Ergebnisse mit den Vorsitzenden der Zweckverbände nicht möglich.“

Aus diesem Grund hat er die Mitarbeiter seines Ministeriums beauftragt, die Voraussetzungen zur Gründung eines landesweit zuständigen Aufgabenträgers zu schaffen. Ein Großteil der Landräte, die Vorsitzenden der ÖPNV-Zweckverbände, hat sich im Laufe der Verhandlungen weit von den Vorschlägen distanziert, die noch mit den Geschäftsführern der Zweckverbände im Dezember 2017 in der ÖPNV-Strategiekommission erzielt worden sind.

Martin Dulig: „Trotz intensiver Gespräche mit den Landräten war eine einvernehmliche Lösung nicht möglich. Wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, wo ich abwägen muss, ob der noch übrig gebliebene Minimalkonsens ausreicht und ob wir für die Bürgerinnen und Bürger wirklich das erreicht haben, was wir wollten. Dies ist aus meiner Sicht nicht der Fall.“

Am derzeitigen Zustand des ÖPNV würde sich durch den Minimalkonsens, der dem Ministerium in der vergangenen Woche vorgelegt wurde, kaum etwas verbessern: So gibt es zwar Anpassungen an den Tarifgrenzen. Der geforderte „echte“ Sachsentarif wurde jedoch auf die ferne Zukunft verschoben. Statt des in der ÖPNV-Kommission vereinbarten überregionalen Takt- und Plusbus-Netzes gibt es nur einen Vorschlag, die vorhandenen Netze besser miteinander zu vertakten.

Dies würde jedoch nur zu einer teilweisen Verbesserung beitragen, wovon vor allem der ländliche Raum nicht profitieren würde. Für das im Jahr 2014 im Koalitionsvertrag prioritär vereinbarte und von Ministerpräsident Michael Kretschmer und Vize-MP Martin Dulig nicht nur im „Zukunftspakt“ geforderte landesweite und kostengünstige Bildungsticket wurde kein Konzept vorgelegt.

Dafür bieten die Zweckverbände ein Ausbildungsticket im jeweiligen Verbundraum für 48 Euro an, für den jeweils benachbarten Zweckverband würden weitere fünf Euro anfallen. Für Schüler sollte es nach dem Willen der Zweckverbände neben den bereits bestehenden – unterschiedlich teuren – Schülertickets, ein zusätzliches Freizeitticket für zehn Euro pro Monat geben. Gültig soll dieses nur innerhalb des jeweiligen Verbund-raumes sein.

„Meine Schlussfolgerung ist: Einen zukunftsfähigen ÖPNV werden wir nur erhalten, wenn wir lokale Egoismen überwinden und der Freistaat die Verantwortung wieder selbst übernimmt, indem er die Zuständigkeiten in eine Landesverkehrsgesellschaft überführt. Sie soll für den SPNV, ein Busnetz mit landesweiter Bedeutung, die Umsetzung des Sachsentarifs als Dachtarif und die Verwaltung der Mittel für das landesweite Bildungsticket zuständig sein. Dazu werden wir die Regionalisierungsmittel künftig zweckgebunden direkt an die Landesverkehrsgesellschaft übertragen“, erläutert Verkehrsminister Martin Dulig.

Bereits von 1996 bis 1998 hat eine vom Freistaat Sachsen errichtete Landesverkehrsgesellschaft den Schienenpersonennahverkehr zentral organisiert, geplant und ausgestaltet. Dann wurde diese Aufgabe vom SMWA durch Rechtsverordnung auf die aus Landkreisen und kreisfreien Städten gebildeten fünf Zweckverbände übertragen.

Im Jahr 2015 wurde die ÖPNV-Strategiekommission vom Landtag einberufen, in der ganz bewusst neben den Vertretern der Zweckverbände auch Vertreter verschiedener Organisationen, Verbände und aller politischen Parteien vertreten waren. In einem aufwendigen und sehr intensiven Gestaltungsprozess wurden durch die Kommission viele Einzelprozesse untersucht, Maßnahmen separiert und vertiefend betrachtet. Da die Umsetzung an den kommunalen Trägern gescheitert ist, werden diese jetzt entmachtet.

Siehe auch: Die Entscheidung ist richtig

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