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Doch keine neue Ernsthaftigkeit?

29.11.18 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist gerade ein paar Wochen her, da haben sich die Eisenbahnverbände mit der von ihnen so empfundenen „neuen Ernsthaftigkeit“ vor Freude überschlagen. Aber so schön es ja ist, wenn die Bundesregierung mit Enak Ferlemann einen Eisenbahnbeauftragten ernennt, so ersetzt das nicht die Frage, was man plant und ob das aus auskömmlich finanziert ist.

Ja, wer den Verkehr auf der Schiene signifikant erhöhen möchte, der muss dafür sorgen, dass die Infrastruktur diesen zusätzlichen Verkehr auch verkraften kann. Dazu kommt aber, dass das Verkehrsaufkommen so oder so jedes Jahr erheblich steigt. Es ist der Eisenbahn in den letzten Jahrzehnten gelungen, ihren Anteil am Modal Split auf sehr niedrigem Niveau zu stabilisieren.

Manch einer mag sich freuen, dass der Anteil seit der Eisenbahnreform nicht weiter gesunken sei, aber es gibt eben keine endlose Schrumpfung, ein Rest bleibt immer. Und wenn man sich die Zahlen ansieht, dann ist die Eisenbahn heute schon nur ein Randprodukt auf dem Verkehrsmarkt. Soll das ernsthaft geändert werden?

Ich wäre sehr dafür, aber dann brauchen wir tatsächlich eine „neue Ernsthaftigkeit“, die sich natürlich auch, aber nicht ausschließlich über das Geld definiert. Dann brauchen wir Regeln, die nicht nur die zusätzliche Infrastruktur, sondern auch die konsumtiven Kosten definieren und eine öffentliche Hand, die all das finanziert.

Ja, die Regionalisierungsgelder steigen jetzt wieder und durch die neuen Trassenpreisregelungen werden sie auch real nicht sinken, aber reicht das für eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen? Und was passiert im Fernverkehr, wo es – das war am Montag hier ein Thema – bis heute keine politische Zuständigkeit gibt.

Und wenn man ernsthaft über eine Verkehrswende spricht, dann muss sich auch Gedanken um die Fragen machen, für die man nicht mehr Geld, sondern eine andere Mentalität braucht. Wieso ist es möglich, dass jede Stadt- und Kreisverwaltung ihren Busverkehr so plant, wie sie möchte und dabei niemand die Möglichkeit hat, durchzugreifen und zu sagen: Eure Busse fahren so, wie der Taktfahrplan es vorgibt.

Wenn man einen Deutschlandtakt will, dann muss der von oben nach unten geplant werden: Auf einem deutschlandweiten SPFV-Netz bauen vor Ort die SPNV-Anschlüsse auf, hier wiederum müssen die langlaufenden Regionalexpresslinien mit Zubringerverkehr bedient werden und an den Bahnhöfen – gerade zur Tagesrandlage – muss es entsprechenden Busverkehr geben, der die Menschen aus den Zügen weiter nach Hause bringt. Und wenn das Planungsamt im Rathaus das nicht schafft (oder aus purer Trotzreaktion nicht schaffen will), dann müssen die Verkehrsverbünde sicherstellen, dass es doch passiert.

Übrigens, ich bin mir sicher, wenn man die Vertreter der Allianz pro Schiene nach solchen Themen fragt, werden die sofort zustimmen. Aber das alleine reicht eben nicht, sondern man muss manches auch proaktiv ansprechen. Denn ein einfaches „mehr Geld“ reicht nicht. Ohne Geld ist alles nichts, aber Geld ist dennoch nicht alles. Auch im Eisenbahnsektor.

Siehe auch: Diskussion um Eisenbahnfinanzierung

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