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German Angst im bayrischen Busmarkt

11.10.18 (Bayern, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Wir kennen das alles. Wir kennen das aus dem Eisenbahnwesen und wir kennen das in der Debatte um die Frage, warum die Filetstücke im kommunalen ÖPNV noch immer und dauerhaft bei Monopolisten im Eigentum der öffentlichen Hand sind. Und die vom LBO gebrachten Argumente sind weder neu noch stichhaltig. Nein, ein privates Unternehmen bezahlt nicht per se schlechter als eins, das schon seit Jahrzehnten im Markt ist.

Es ist auch nicht gelungen, empirisch nachzuweisen, dass die Qualität oder die Zuverlässigkeit des Busverkehrs abgenommen hätte, weil einzelne Netze oder Lose ausgeschrieben worden wären. Im Gegenteil, was Plusminus da gebracht hat war der sprichwörtliche Einzelfall. Ja, es gibt immer mal wieder Unternehmen, die mit ihren Aufträgen überfordert sind.

Hier ist der Aufgabenträger gefordert, bereits im laufenden Vergabeverfahren Zuverlässigkeitskriterien zu definieren und im Anschluss ein ordentliches Controlling durchzuführen. Gerade im Busverkehr dürfte eine außerordentliche Kündigung wegen fortlaufender Schlechtleistungen deutlich unkomplizierter sein als auf der Schiene.

Klar, am liebsten wäre den alteingesessenen, wenn man seine kommunalen Monopolisten hätte und die beauftragen dann befreundete Subunternehmer. So bleibt für alle was hängen und die, die schon länger da sind, teilen sich die Pfründe nach eigenem Ermessen auf. So funktioniert das in einer Marktwirtschaft aber nicht.

Falls doch, würde ich mir überlegen, ob ich nicht auch noch ein paar Busunternehmen im Freistaat Bayern gründe, mit denen ich dann Anspruch auf eine Direktvergabe hätte. Was? Es gibt keinen Anspruch auf eine Direktvergabe? Tatsächlich, die Direktvergabe ist stets ein Gnadenakt des Aufgabenträgers. Dieser kann nach Gutdünken entscheiden, wo er Direktvergaben macht und wo nicht und wer diese bekommt.

Eine staatliche Stelle entscheidet also nach dem Gnadenprinzip. Das ist gefährlich. Gnade ist die schöne Schwester der hässlichen Willkür. Und genau das ist eine Direktvergabe: Ein Akt staatlicher Willkür zugunsten eines Unternehmens, das gerade besonders beliebt ist. Diese Günstlings- und Vetternwirtschaft ist abzulehnen und zwar vehement: Da spielt es auch keine Rolle, ob man ordnungspolitisch, haushaltspolitisch oder sonst wie argumentiert.

Wenn solche Marotten einmal einreißen, hat niemand je wieder die Kontrolle über die Frage, nach welchen Kriterien Aufträge vergeben werden oder nicht. Klar, ein Angestellter des Unternehmens wird sich Gedanken machen, wo er nach der möglichen Neuvergabe arbeiten kann. Aber wenn man sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt – gerade in einem Boomland wie Bayern – einmal ansieht, dann stellt man fest, dass gute Leute überall gesucht werden.

Der im angelsächsischen Raum als „German Angst“ bekannte Gemütszustand, wonach die Menschen am liebsten vom Schulabschluss bis zur Rente ihr Arbeitsleben bei einer Firma durchplanen würden, funktioniert nicht. Einen verbeamteten Busfahrer mit Standortgarantie gibt es nicht.

Siehe auch: Bayern: Debatte um Busausschreibungen

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