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Soviel Ernsthaftigkeit dann auch nicht

17.09.18 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Eisenbahnbranche spricht von einer neuen Ernsthaftigkeit im Zusammenhang mit dem Handeln der Bundesregierung und ich muss ernsthaft sagen, dass ich das nicht recht nachvollziehen kann. Ja, es gibt jetzt deutlich höhere Regionalisierungsgelder. Das ist aber noch etwas, das auf die alte Bundesregierung zurückgeht.

Hier hat die Eisenbahnbranche, so zynisch es klingen mag, von einer schweren humanitären Katastrophe profitiert: Als im Herbst 2015 viele damals neu eingereiste Asylbewerber mit dem Zug quer durch die Republik gefahren worden sind, um sie unterzubringen und zu versorgen, stand auch die Entscheidung über die Revision des Regionalisierungsgesetzes an.

Ich bin mir sicher, dass in dieser Situation genau die Politiker, die die Schiene sonst immer nur als Finanzsteinbruch betrachtet haben, erkannt haben wie wichtig die Rolle ist, die der Verkehrsträger Schiene in unserer Gesellschaft spielt. Auch die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung ist erhöht worden: DB Netz erhält jetzt mehr Pauschalzahlungen für die Instandhaltung der bestehenden Infrastruktur vom Bund.

Aber auch diese Entscheidung ist noch in der letzten Legislaturperiode getroffen worden. Und man muss sich fragen, wann der Punkt gekommen ist, an dem ein höheres LuFV-Budget anfangen würde, schädlich zu wirken: Denn es gibt einen Punkt, an dem mehr Bauaktivitäten nicht mehr dafür sorgen, dass die Netzqualität langfristig steigt, sondern an dem die Nutzbarkeit der Infrastruktur durch die vielen Baustellen zum Problem wird.

Sehr wahrscheinlich ist dieser Punkt erreicht, sodass man mehr Geld nicht mehr reinpumpen sollte. Dann heißt es, dass nun ein Deutschlandtakt im Koalitionsvertrag steht. Das stimmt. Aber die Lektüre der letzten paar Koalitionsverträge zeigt, dass das da immer drin gestanden hat. Wir wollen einen Deutschlandtakt einführen und dieser definiert sich natürlich nicht (nur) über ein deutschlandweites SPFV-Angebot, sondern auch über die Anschlussbeziehungen nach unten.

Ja, es hat in den letzten Jahren mit den Regional- und Plusbussen hier teilweise sehr positives Engagement in den Ländern gegeben: Dass bestimmte Qualitätsstandards erfüllt werden müssen, um einen Markennamen nutzen zu dürfen. Das ist auch sehr vernünftig, aber das ist allenfalls engagierten Verkehrsverbünden oder auch Landespolitikern zu verdanken.

Natürlich ist das Problem beim Deutschlandtakt ein anderes: Ein solcher kann nicht eigenwirtschaftlich erbracht werden. Ein bundesweiter SPFV-Takt lässt sich durch die Fahrgelderträge nicht auskömmlich finanzieren. Jetzt muss man also die Eigenwirtschaftlichkeit des SPFV per se kritisieren. Das tut aber keiner.

Dass das keiner tut ist im Übrigen auch der Grund, wieso die Initiative Deutschlandtakt seit Jahren nicht mehr weiterkommt: Weil die genau diese Erkenntnis – warum auch immer – nicht aussprechen. Aber solange man immer nur bei unkonkreten Forderungen und Planbeispielen bleibt, kann man keine neue Ernsthaftigkeit attestieren. Auch dann nicht, wenn einst konkurrierende Verbände das jetzt gemeinsam tun.

Siehe auch: Bahnverbände bewerten Bundesregierung positiv

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