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Bahnverbände bewerten Bundesregierung positiv

17.09.18 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Zum Start der Weltleitmesse Innotrans bewerten die Branchenverbände aus dem Eisenbahnwesen die ersten sechs Monate der neuen Bundesregierung als positiv. Sie bescheinigen den politischen Entscheidungsträgern eine „neue Ernsthaftigkeit“ in der Eisenbahnpolitik. In ungewöhnlich kurzer Zeit habe die Politik ihren Ankündigungen aus dem Koalitionsvertrag bereits erste konkrete Taten folgen lassen, teilten die Bahnverbände vergangene im Rahmen eines Hintergrundgesprächs in der Bundeshauptstadt Berlin mit.

Bei den drei Kernanliegen des Bahnsektors – Halbierung der Trassenpreise, Deutschlandtakt und Innovationsförderung – seien Dinge auf den Weg gebracht worden, resümierte das Verbändebündnis. Bei der Verkehrswende fehle es der neuen Regierung dagegen noch an Entschlossenheit und der richtigen Weichenstellung: Die Haushaltsmittel für die Schiene sollen bis 2021 wieder sinken, während für den Neubau von Autobahnen in den nächsten drei Jahren Rekordsummen fließen.

Die Bahnverbände betonten weiterhin, dass es mehr Kostengerechtigkeit im Verkehr brauche. Es solle daher mehr Geld auch in den Neubau von Eisenbahnprojekten investiert werden. Für den Unterhalt der Anlagen wurde das LuFV-Budget in der letzten Legislaturperiode erhöht. Dies gilt allerdings nicht für den Neubau. Grundsätzlich muss man für Neubauprojekte, die als förderfähig bewertet worden sind, eine Finanzierungsvereinbarung abschließen.

In der Regel teilen sich Bund und Länder die Kosten, wobei die DB AG sich mit einem symbolischen Eigenanteil auch häufig selbst beteiligt. Allerdings: Die Kostenverteilung zwischen dem Bundesunternehmen DB AG und dem Bund selbst wird in den meisten Fällen geheimgehalten. Dennoch bewertet man die ersten sechs Monate überwiegend positiv.

„Unser Realitätscheck belegt, dass der Bund den Koalitionsvertrag nicht als folgenloses „Wünsch dir was“ betrachtet“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege. So habe das Bundesverkehrsministerium endlich wieder eine eigene Eisenbahnabteilung eingerichtet. Der Bundesbeauftragte für den Schienenverkehr, Enak Ferlemann (CDU), werde im Oktober erstmals das „Zukunftsbündnis Schiene“ einberufen.

Außerdem sei eine Förderrichtlinie in Kraft getreten, die Anstrengungen der Bahnen für mehr Energieeffizienz fördere. Und schließlich habe der Bund die Trassenpreise im Schienengüterverkehr gesenkt. „Das sind sehr konkrete Schritte, die natürlich kein Selbstzweck sind“, sagte Flege. Wenn der Bund seine Umweltziele erreichen wolle, sei er auf den Beitrag des Verkehrssektors angewiesen.

Flege verwies auf den Umweltvergleich der Allianz pro Schiene, in dem die Bahnen in allen wesentlichen Umweltparametern vor Pkw, Lkw, Flieger oder Binnenschiff liegen. Der Geschäftsführer von Mofair, Matthias Stoffregen, lobte die Trassenpreishalbierung im Güterverkehr. „Die Bundesregierung hat sich auch für den Personenverkehr einiges vorgenommen: Die Fahrgastzahlen sollen sich bis 2030 verdoppeln“, sagte Stoffregen mit Verweis auf den Koalitionsvertrag. „Die große Koalition wäre gut beraten, auch im Personenverkehr die Trassenpreise zu halbieren.“

atsächlich sind die Trassenpreise inzwischen der wichtigste Kostenfaktor für die Aufgabenträger. Das Problem ist, dass das System insgesamt mehrverkehrsfeindlich ist: Wenn man einen Stunden- zu einem Halbstundentakt verdichten will, verdoppeln sich die Gebühren, obwohl für DB Netz keine nennenswerten Mehraufwände entstehen.

Gleichzeitig halbieren sich die Gebühren, wenn man jeden zweiten Zug abbestellt – hier wiederum ohne dass DB Netz Aufwand einsparen würde. Frank Zerban, Hauptgeschäftsführer der BAG-SPNV, begrüßte, dass die Bundesregierung die Forderung der Bahnverbände nach Einführung des Deutschland-Takts aufgenommen und im Koalitionsvertrag verankert habe.

Zugleich warnte Zerban die Politik davor, die Aufgabe zu unterschätzen. „Der Deutschland-Takt ist mehr als nur ein vertakteter Fernverkehr. Er ist die Verknüpfung von Nah- und Fernverkehr und zugleich die Grundlage für einen verbesserten Güterverkehr mit vordefinierten Systemtrassen.“

Ohne zusätzliche Investitionen ins Schienennetz werde es keinen Deutschlandtakt geben, sagte Zerban und kritisierte, dass der Invest ins Schienennetz ab 2020 wieder sinken solle. „Das Netz ist der entscheidende Faktor. Deshalb warten die Bahnverbände mit Spannung auf den Zielfahrplan 2030 plus, den das Bundesverkehrsministerium bis Ende des Jahres ausarbeiten lässt“, sagte Zerban.

Siehe auch: Soviel Ernsthaftigkeit dann auch nicht

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