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Sonderförderung für den ÖPNV

20.08.18 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Bundesregierung stellt insgesamt 130 Millionen Euro bereit, um mit unterschiedlichen Maßnahmen bessere Luft in den Städten zu ermöglichen. Das betrifft auch Sonderförderungen für den öffentlichen Verkehr – ob im kommunalen Bereich oder auch im SPNV. Die Förderung beginnt rückwirkend 2017 und soll bis 2020 laufen. Die Modellstädte Bonn, Essen, Herrenberg (Baden-Württemberg), Mannheim und Reutlingen (Baden-Württemberg) setzen damit modellhafte Projekte zur Verbesserung öffentlicher Verkehrsmittel und zur Verringerung der Stickstoffdioxidbelastung um. Dies sind beispielsweise der Ausbau des ÖPNV-Angebotes, Ticketvergünstigungen, verbesserte Verkehrslenkung oder neue Radwege.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU): „Wir unterstützen die Modellstädte dabei, den öffentlichen Personennahverkehr vor Ort noch attraktiver zu machen und die Luftqualität in den Innenstädten zu verbessern. Für die Modellprojekte nimmt das Bundesverkehrsministerium allein über 125 Millionen Euro in die Hand. Damit fördern wir Maßnahmen von der Schaffung neuer Buslinien und Haltestellen bis hin zu einem Ein-Euro-Ticket. Das setzt wichtige Anreize, das Auto auch mal stehen zu lassen. Denn nur ein gut ausgebauter und preislich attraktiver öffentlicher Personennahverkehr kann überzeugen.“

Zu den Maßnahmen der Modellstädte gehören u.a.: Bonn führt das 365 Euro-Ticket ein: Damit können Bürger für nur einen Euro pro Tag auf den ÖPNV umsteigen und das Auto stehen lassen. Essen baut das ÖPNV-Netz aus: Höhere Taktung von Bussen und Bahnen sorgen für kürzere Wartezeiten und bessere Anbindung. Herrenberg setzt auf die Digitalisierung: Eine dynamische Steuerung verbessert den Verkehrsfluss und damit die Vernetzung der Bereiche Verkehrsinfrastruktur und Digitales.

Mannheim errichtet ein Micro-Hub (Umschlagsplatz für Logistiker): Damit werden Paketzustellungen durch E-Fahrzeuge in der Innenstadt klimaneutral. Reutlingen setzt auf den ÖPNV-Ausbau: Zehn neue Buslinien und über 100 neue Haltestellen erweitern bald das Stadtbusnetz. Den fünf Modellstädten stehen für die schnelle Umsetzung der Verkehrsmaßnahmen jeweils Lotsen in den Ministerien mit fachlicher Expertise zur Seite. Der Bund trägt im Durchschnitt 95 Prozent der Gesamtkosten.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD): „Mein Ziel ist es, dass in allen Städten der EU-weit gültige Grenzwert für NO2 eingehalten wird. 2017 gab es noch 65 Städte, wo das nicht gelungen ist. Aber nur, wenn wir für saubere Luft sorgen, können wir auch Fahrverbote vermeiden. Die Richtung des Weges stimmt, aber wir sind noch nicht am Ziel. Mit den jetzigen Maßnahmen leistet der Staat einen weiteren Beitrag zum Schutz von Umwelt und Verbrauchern. Es ist an der Zeit, dass die Autohersteller ihrer Verantwortung nun auch endlich gerecht werden.“

Die Modellprojekte werden wissenschaftlich begleitet und hinsichtlich des Reduktionspotenzials in Sachen Stickoxide ausgewertet. Denn: Das vermeintliche Klimagas CO2 ist ungiftig. Stickoxide hingegen, also Verbindungen zwischen Stickstoff und unterschiedlich vielen Sauerstoffatomen, können sogar sehr gesundheitsgefährdend sein. Bei besonders wirksamen Maßnahmen wird geprüft, ob sie auf andere Städte übertragen werden können.

Eine erste Zwischenbilanz zur Wirksamkeit der Modellprojekte ist für Sommer 2019 geplant. Beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zeigt man sich zufrieden mit dem Programm der Bundesregierung. „Wir hoffen, dass wir durch die Wirksamkeitsanalyse der vorgestellten Maßnahmen weitere wichtige Erkenntnisse für die Luftreinhaltung in den Städten bekommen und die effektivsten Maßnahmen dann auch langfristig finanziert werden. Bund, Länder und Kommunen stehen dabei gleichermaßen in der Verantwortung“, sagt Verbandspräsident Jürgen Fenske.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert indes eine deutlich Verbesserung des ÖPNV und nimmt auch deren Betreiber in die Pflicht. „Unverständliche Tarife, Unpünktlichkeit und verwirrende Informationen sind für viele Fahrgäste von Bussen und Bahnen ein tägliches Ärgernis“, so Marion Jungbluth, Leiterin Team Mobilität und Reisen beim vzbv.

Jungbluth: „Bei Angebot und Qualität ist im ÖPNV noch viel Luft nach oben.“ Hier werden harmonisierte Tarifstrukturen und vernünftige Qualitätskontrollen beispielhaft genannt. Der ÖPNV müsse die Erwartungen der Fahrgäste erfüllen – nur so könne es gelingen, im großen Stile Menschen zum Umstieg zu bringen.

Siehe auch: Mehr und besseren Verkehr auf die Schiene

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