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Wettbewerb auch unter Herstellern wahren

02.07.18 (Berlin, Brandenburg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Stadler und Siemens treten als Lieferantenkonsortium für die Berliner S-Bahn auf. Die gleiche Firma Siemens, die gerade dabei ist, ihre Eisenbahnabteilung mit dem Big Player Alstom zu fusionieren. Somit sind also faktisch schon der große Unternehmen gemeinsam daran beteiligt, den Markt für Berliner S-Bahnfahrzeuge gemeinsam zu bespielen.

Das ist eine ordnungspolitisch bedenkliche Situation, gerade vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das S-Bahnnetz eben gerade nicht in Losen vergeben wird, wo dann verschiedene Betreiber die Möglichkeit haben, ihre Züge jeweils separat zu bestellen. Klar, man kann so ein großes Netz auch nach dem nordrhein-westfälischen Modell vergeben und den Hersteller betreiberübergreifend damit beauftragen, die Züge instandzuhalten.

Doch selbst dann erscheint ein Konglomerat dieser Art sehr groß, fast schon zu groß als dass man hier noch von ernsthaftem Wettbewerb unter den Herstellern sprechen könnte. Hier sitzen zu viele in einem Boot. Bleiben wir eine Weile bei den Vergaben an Rhein und Ruhr: Siemens hat den Auftrag beim Rhein-Ruhr-Express bekommen, also bei den meisten Regionalexpress-Linien.

Im S-Bahnbereich gibt es schon zwei Lose: Bei einem ist Stadler, also der jetzige Konsortialpartner, der Lieferant und Instandhalter, beim anderen DB Regio. Der gesamte Kölner Teil der S-Bahn geht erst noch in die Vergabe und niemand weiß im Moment, wer dort die Züge liefern wird. Eins aber steht fest: Der schon vor Jahren ausgegebene Plan, unter den Herstellern eine ähnliche Wettbewerbssituation wie bei den Verkehrsunternehmen zu schaffen, ist aufgegangen.

Es gibt keine einseitige Abhängigkeit von einem Hersteller bzw. einem Konsortium vieler Hersteller, sondern hier funktioniert der Wettbewerb. In der Bundeshauptstadt ist das nun eine ganz andere Situation. Niemand weiß, wie wirtschaftlich die Fahrzeugbeschaffung ist, weil die Unternehmen, die sonst miteinander konkurrieren, hier alles gemeinsam machen.

Und was ist in ein paar Jahren, wenn die Instandhaltung vollständig bei der DB AG bzw. deren Tochtergesellschaft S-Bahn Berlin GmbH stattfinden soll? Schafft man hier nicht bereits jetzt eine Problemsituation, wenn in einigen Jahren die Anschaffung von Ersatzteilen ansteht?

Normalerweise ist es kein Problem, dass die After-Sales-Bereiche der verschiedenen Hersteller sich auch für die Aufarbeitung und Instandhaltung von Fahrzeugen interessieren, die andere gebaut haben. In Ungarn hat Stadler selbst vor einigen Jahren einen Großauftrag der dortigen Staatseisenbahn für die dauerhafte Instandhaltung von Zügen aus Ostblock-Zeiten akquiriert.

Hier aber ist eine Wettbewerbssituation nur viel schwieriger möglich. Klar, man hat sich in Berlin auch ganz bewusst entschieden, die S-Bahn nicht ergebnisoffen auszuschreiben, sondern man wollte die „Bundesbahn“ behalten, weil „die Privaten“ nicht so vertrauenswürdig sind wie der Staat. Nun aber gilt es abzuwarten, ob und wie gut man das hier gelöst hat – sowohl beim Betreiber als auch bei den Herstellern der neuen rot-gelben Triebzüge.

Siehe auch: VBB: Neue S-Bahnzüge sind im Anmarsch

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