Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Die Infrastruktur ist ein Politikum für sich

26.07.18 (Kommentar, Nordrhein-Westfalen, Verkehrspolitik, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Kennen Sie den Dortmunder Hauptbahnhof? SPFV-Knotenpunkt und Drehscheibe im östlichen Ruhrgebiet? Nun will ich nicht sagen, dass die alte Bundesbahn da wieder lebendig wird, aber es geht in diese Richtung: Viele Fernbahnsteige haben keinen Aufzug und die Unterführung hat den Charme aus längst vergangenen, für die Eisenbahn wenig rühmlichen Zeiten.

Es ist einfach nicht schön. Vorne die Landesbibliothek und das neue Fußballmuseum, hinten der Busbahnhof, den zahlreiche Fernbusse gemeinsam mit den Dortmunder Stadtwerken und immer mal wieder nötigen Schienenersatzverkehren nutzen. Dazu kommt ein Stadtbahnzugang, bei dem man sich fragt, wann das letzte Mal investiert wurde. Kurzum: Es ist nicht schön.

Man muss aber zur Ehrenrettung der Verantwortlichen sagen, dass es über lange Zeit nicht möglich war, mit den Umbauten anzufangen: Solange es in puncto Metrorapid oder später für den Rhein-Ruhr-Express gefühlt jede Woche eine andere Planung gab, konnte man bei der Infrastruktur keine Fakten schaffen. Metrorapid, erinnert sich jemand? Ja, ursprünglich sollte zur Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland ein Transrapid von Köln über Düsseldorf nach Dortmund fahren.

Man hat diese Chance verstreichen lassen und sich aus gutem Grund für den Erhalt des konventionellen Systems von Rad und Schiene entschieden. Aber der Nachteil ist, dass wahrscheinlich eine ganze Generation vergeht, bis der Rhein-Ruhr-Express im Viertelstundentakt von Köln nach Dortmund fährt – falls das überhaupt je der Fall sein wird

Denn aktuell erleben wir bei der Umstellung ab dem kommenden Jahr nur eine Umbenennung bestehender RE-Linien. Für einen sauberen Viertelstundentakt ist mindestens eine komplett neue Linie nötig. Mit dieser ist vor dem Jahr 2030 kaum zu rechnen. Ja, zu einem Zeitpunkt, an dem ein während des Sommermärchens geborenes Baby bereits ein erwachsener Mensch ist.

Das ist ein Problem bei politischen Fragen dieser Art: Deutschland ist inzwischen in der Situation angekommen, dass man die Zeit für Infrastrukturprojekte nicht mehr in Jahrzehnten, sondern in Generationen messen muss. Das ist nicht gesund und für die Zukunftsfähigkeit der Bundesrepublik muss es deutlich einfacher werden, neue Schienenwege, Bahnhöfe und vieles mehr zu bauen.

Es zeigt aber, wie wichtig es ist, Infrastrukturausbauten mitzunehmen, wo immer es geht. Es ist deshalb richtig, sowohl im Knoten Köln, als auch zwischen Duisburg und Düsseldorf und auf der Ruhrachse jeden Auftrag zu vergeben, den man für den Rhein-Ruhr-Express vergeben kann, auch dann, wenn die Finanzierung der sich anschließenden Betriebskosten ungeklärt ist.

Gelder, die bereitliegen, müssen abgerufen werden. Eine einzige Landtagswahl, eine geplatzte Regierungskoalition oder was auch immer kann jederzeit dafür sorgen, dass bereits durchfinanzierte Projekte gestrichen werden. Die Infrastruktur ist eben ein Politikum und deren Ausbau muss man machen, wo es geht. Das ist Realpolitik im Alltag – auch in Eisenbahnfragen.

Siehe auch: Dortmund: Renovierungsarbeiten starten

Kommentare sind geschlossen.