RMV: Ein Jahr Zehn-Minuten-Garantie
11.06.18 (Hessen) Autor:Stefan Hennigfeld
Ein Jahr nach Einführung der verbundweiten Zehn-Minuten-Garantie hat der hessische Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) eine umfangreiche Bilanz gezogen: Insgesamt bearbeitete der Verbund mehr als 600.000 Garantiefälle und zahlte dabei rund 1,4 Millionen Euro Fahrgeld an die Kunden zurück. 90 Prozent der Anträge stammen von Zeitkarteninhabern, die mit jedem Antrag einen Anteil ihrer Monats- oder Jahreskarte erstattet bekommen.
„Ein zuverlässiges Fahrtangebot ist das A und O für einen guten ÖPNV. Um dafür einzustehen, haben wir unseren Fahrgästen mit der Zehn-Minuten-Garantie ein Versprechen gegeben“, sagt RMV-Geschäftsführer Knut Ringat. „Auch wenn es uns freut, dass dieser im Vergleich zu anderen großen Verkehrsverbünden einmalige Service so gut angenommen wird, zeigen uns die hohen Antragszahlen vor allem eins: Dass wir in punkto Pünktlichkeit besser werden müssen.“
Die Daten der Garantie liefern Rückschlüsse darauf, welche Linien besonders belastet sind. „90 Prozent der Anträge beziehen sich auf den regionalen Schienennahverkehr“, so Ringat. Ursachen für die Verspätungen sind unter anderem technische Störungen, Personen im Gleis und Notarzteinsätze – und vor allem die überlastete Infrastruktur.
Als Linie mit den meisten Anträgen tut sich die RE50 hervor, die zwischen Frankfurt und Fulda unterwegs ist, gefolgt von der S2 und der S8. Alle drei Linien fahren auf hoch ausgelasteten Schienenstrecken, deren Gleise sie sich mit anderen regionalen Linien und dem Fernverkehr teilen müssen. Fährt auch nur eine Verbindung ein wenig außer Takt, behindern sich die Züge gegenseitig.
Gemeinsam mit vielen Partnern arbeitet der RMV intensiv daran, die Situation zu verbessern: So investieren der Bund, das Land Hessen, die Stadt Frankfurt, die Deutsche Bahn und der RMV in den kommenden Jahren mehr als zwölf Milliarden Euro in den Ausbau der Schieneninfrastruktur rund um Frankfurt im Rahmen des Projekts „Frankfurt Rhein-Main plus“.
Zudem setzen DB und RMV auf eine Vielzahl an Einzelmaßnahmen, wie beispielsweise Einstiegslotsen an stark frequentierten Bahnhöfen, um die Pünktlichkeit weiter zu verbessern. Zusätzlich zur Auswertung der Zehn-Minuten-Garantie hat der RMV im vergangenen Jahr eine Marktforschung durchgeführt, um noch genauer zu erfahren, wie Fahrgäste den Service bewerten.
Das Ergebnis: Achtzig Prozent der Befragten sehen die Zehn-Minuten-Garantie positiv. Unter anderem deshalb baut der RMV den Service weiter aus. So wurden beispielsweise seit Einführung die Zahl der Auszahlungsstellen deutlich erhöht und seit Jahresbeginn 27 neue Standorte etabliert. Damit bietet der RMV derzeit an 59 Auszahlungsstellen die Abholung der Erstattungsbeträge an.
Die seit Juni 2017 angebotene RMV-Zehn-Minuten-Garantie ist nach Angaben des RMV deutschlandweit für, Zitat, „einen Verkehrsverbund mit vergleichbarer Größe, Verkehrsbelastung und regionaler Vielfältigkeit ein einmaliges Angebot.“ Allerdings: Auch der nordrhein-westfälische Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), der größte Verkehrsverbund der Europäischen Union, hat ein vergleichbares Angebot. Dieser ist allerdings polyzentrisch organisiert und schwer mit der monozentrischen Situation im RMV zu vergleichen.
In Hessen gilt: Ab zehn Minuten Verspätung am Ziel, auch wenn ein Umstieg nicht geklappt hat, gibt es je nach Fahrkartenart den Fahrpreis vollständig oder anteilig zurück. Anträge für die Zehn-Minuten-Garantie können online innerhalb von sieben Tagen nach einer ausgefallenen oder verspäteten Fahrt gestellt werden.
Das Geld gibt es nach erfolgter Bearbeitung unter Vorlage der Originalfahrkarten an ausgewählten RMV-Mobilitätszentralen und an RMV-Vertriebsstellen zurück; seit diesem Jahr auch an den durch die DB Vertrieb betriebenen RMV-MobilitätsInfos in vielen Stationen oder im direkten Bahnhofsumfeld. Bei Bedarf können Garantiefälle auch bis zu drei Monate gesammelt und in Summe vor Ort ausbezahlt werden.
Bei Einzelfahrkarten wird der volle Fahrpreis bis maximal sechs Euro in der 2. Klasse und acht Euro in der 1. Klasse erstattet. Bei Zeitkarten wie Monats- und Jahreskarten wird abhängig von der Preisstufe der Preis anteilig erstattet. Auszahlungen sind bereits ab 50 Cent möglich. Alternativ zur Fahrpreiserstattung können nach 21 Uhr Taxikosten bis 25 Euro übernommen werden. So soll sichergestellt werden, dass niemand Angst haben muss, am späten Abend nach einem geplatzten Anschluss irgendwo an einem unbekannten Bahnhof zu stranden.
Siehe auch: Zuverlässigkeit sicherstellen