Mofair fordert SPFV-Vergaben
08.03.18 (Fernverkehr, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Angesichts der im Bundestag gelobten Wettbewerbspolitik im Regionalverkehr sowie des neuerlichen Ziels der Koalition aus CDU, CSU und SPD nach einem Deutschlandtakt hat sich der Wettbewerberverband Mofair für die Ausschreibung von SPFV-Leistungen ausgesprochen. In einem Bericht der Bundesregierung wird deutlich, dass sich das Verkehrsangebot im Regionalverkehr seit dem Start der Eisenbahnreform am 1. Januar 1994 und dem Start der Regionalisierung am 1. Januar 1996 deutlich erhöht habe.
Auch die Qualität konnte erheblich gesteigert werden – aus dem anrüchigen Bundesbahn-Charme wurde moderne Dienstleistung auf der Schiene. Mofair-Präsident Stephan Krenz: „Es ist ein ermutigendes Zeichen, dass die vielfältigen positiven Effekte wettbewerblicher Vergaben im SPNV allseits anerkannt werden. Als nächster Schritt sollte nun der schrittweise Übergang hin zu einem Ausschreibungsmodell auch im Fernverkehr kommen. Das würde sehr gut zur Einführung des Deutschland-Takts passen.“
In besagtem Bericht, der Bundestags-Drucksache 18-12711, hatte die Bundesregierung dargelegt, wie sich die Vergabepraxis der letzten Jahrzehnte geändert hat. Verschiedene Normänderungen auf Bundes- und europäischer Ebene spielten dabei eine Rolle und die Spruchpraxis der Gerichte. Der wichtigste Wendepunkt dürfte wohl das Abellio-Urteil vom 8. Februar 2011 sein. Damals hat der Bundesgerichtshof eine große Direktvergabe in Nordrhein-Westfalen zugunsten von DB Regio gekippt.
Abellio hatte sich juristisch gewehrt und seitdem ist klar, dass auch in Eisenbahnfragen das reguläre Vergaberecht zur Anwendung kommt. Direktvergaben sind daher nur im Rahmen dessen möglich, was auch in anderen Bereichen ohne Ausschreibung vergeben werden darf. Darüber hinaus betonte die Bundesregierung, dass sich das Angebot im SPNV deutlich erhöht habe, nämlich von knapp unter 500 Millionen Zugkilometern im Jahr auf mittlerweile über 670 Millionen Zugkilometer pro Jahr (durchschnittliche jährliche Steigerung +0,8 %).
Das wurde durch massive Effizienzsteigerungen möglich. Noch deutlich höher war die Steigerung der Verkehrsleistung gemessen in Personenkilometern; diese stieg durchschnittlich um 2,9 % pro Jahr. Der Anteil der Wettbewerbsbahnen an der erbrachten Leistung stieg dabei kontinuierlich an. Die Leistungen sind zwischenzeitlich sogar weniger geworden: 2007 und 2008 wurden die Regionalisierungsgelder formal gesenkt.
Tatsächlich erhielten die Länder damals einen Teil der Mehreinnahmen aus der Umsatzsteuererhöhung als Kompensation für die Kürzung der Regionalisierungsgelder. Diese Mittel waren allerdings nicht mehr zweckgebunden und sind somit fast komplett nicht mehr für die Eisenbahn oder den öffentlichen Verkehr aufgewandt worden. Zum 1. Januar 2016 wurden die Regionalisierungsgelder auf 8,2 Milliarden Euro erhöht und mit 1,8 Prozent pro Jahr dynamisiert.
Im Kalenderjahr 2018 stehen den Ländern und ihren Aufgabenträgern somit knapp 8,5 Milliarden Euro zur Verfügung, im Jahr 2022 werden es erstmals mehr als neun Milliarden Euro sein. Dazu kommen die Fahrgelderträge, die ebenfalls steigen und zur Refinanzierung der Leistungen beitragen. Kurzum: Der Regionalverkehr ist ein umfassender Erfolg: Mehr Wettbewerb, mehr Angebot, mehr Leistungen, mehr Qualität. Kurzum: Die Eisenbahn hat das Zeug, wieder zu einem ernsthaften Verkehrsträger zu werden, was sie bei der alten Behördenbahn nicht war.
Das ist für den Verband Anlass, das Erfolgsmodell auch auf den SPFV auszuweiten. Dieser wird bislang eigenwirtschaftlich von der DB Fernverkehr AG oder anderen Akteuren betrieben, wobei die DB AG hier einen Marktanteil von fast hundert Prozent hat. Mofair nennt hier drei Punkte: Zum einen legt Art. 87e des Grundgesetzes bereits heute fest, dass der Bund für den Fernverkehr auf der Schiene zuständig ist. Nach dieser Regelung ist der Bund auch verpflichtet, ein entsprechendes Gesetz zu erlassen, das diese Zuständigkeit konkret ausfüllt.
Obwohl der Bundesrat 2009 und 2017 jeweils ein solches Gesetz verabschiedet hat, ist keines der beiden jemals im Bundestag debattiert worden. Doch bei Mofair ist man optimistisch: Der parteiübergreifende Wille, mehr Städte an den SPFV anzuschließen ist ebenso vorhanden wie das neuerliche Bekenntnis zum Deutschlandtakt. Diesen umzusetzen könnte sich die Koalition zum Ziel setzen. Am Ende würden dann Wettbewerbsvergaben wie im Regionalverkehr stehen – und das Primat der Politik gälte auch im SPFV.
Siehe auch: Auch den SPFV ausschreiben