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Bayern: Debatte über Reaktivierungen

28.03.18 (Bayern) Autor:Stefan Hennigfeld

Im Freistaat Bayern nimmt die Debatte um die Reaktivierung von einst durch die Behördenbahn geschlossenen Eisenbahnstrecken Fahrt auf. „Bahnreaktivierungen sind ein politisches Gewinnerthema“, bringt der Landesvorsitzende des ökologischen Verkehrsclubs VCD, Bernd Sluka, die Resonanz auf das vom bayerischen Landesverband zum fünften Mal durchgeführten Treffen der bayerischen Bahnreaktivierungsinitiativen auf den Punkt.

Im mittelfränkischen Dombühl trafen sich am vorvergangenen Wochenende sechzig ehrenamtlich tätige Aktive von Initiativen aus allen Regierungsbezirken des Freistaats zum Erfahrungsaustausch. Hauptthema war die überfällige Reaktivierung der Bahnstrecke Dombühl-Dinkelsbühl (-Nördlingen) entlang der Romantischen Straße.

Der Dinkelsbühler Oberbürgermeister Christoph Hammer (CSU) zeigte eindrucksvoll auf, welchen Vorteil es hat, wenn die touristisch interessante Stadt wieder ans Bahnnetz angehängt ist. Durch die regelmäßige Bedienung der Strecke im Personenverkehr werden die notwendigen Einnahmen erwirtschaftet, damit auch eher unregelmäßig verkehrende Güterzüge zu Verladern in Feuchtwangen und Wilburgstätten verkehren können.

Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Bahnstrecke stillgelegt werden muss, was für die örtliche Industrie zu Standortnachteilen führt. Er problematisierte die Widerstände vor Ort, wenn vorhandene Bahninfrastrukturbetreiber es trotz vorhandener Zusagen des Landes Bayern nicht schaffen, die Bahnstrecke in einem betriebsfähigen Zustand zu erhalten und wenn die Kommunen vor Ort Eigeninteressen verfolgen, welche dem Ziel nicht dienen.

Heino Seeger als Sprecher des möglichen neuen Infrastrukturbetreibers Mittelfränkische Eisenbahnbetriebsgesellschaft stellte dar, wie man die Bahnstrecke möglichst schnell auf Vordermann bringen kann, damit in wenigen Jahren wieder Züge nach Dinkelsbühl rollen. Für Seeger wäre es wichtig, den Lückenschluss von Dinkelsbühl nach Nördlingen nicht aus dem Auge zu verlieren.

Abschließend diskutierte der Bahnexperte des bayerischen VCD, Gerd Weibelzahl, die Sinnhaftigkeit des Entscheidungskriteriums „Reisendenkilometerzahl je Kilometer Streckenlänge“, mit welchen der Daumen für oder gegen eine Reaktivierung der Strecke bewegt wird. Er zeigte auf, dass das Kriterium zu unsinnigen Ergebnissen führt und sieht den Bund gefordert, eine Überarbeitung der Richtlinien durchzuführen.

Dabei sollte die volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit einer Reaktivierung berücksichtigt werden und den Kosten für den Bahnbetrieb sollen die reellen Kosten für einen gleichwertigen Busverkehr gegenüber gestellt werden. Auch der mögliche Güterverkehr auf reaktivierten Strecken, den Hammer ansprach, wird oftmals in Kosten-Nutzen-Rechnungen nicht berücksichtigt. Dann werden die vollen Kosten nur einem Teil des Nutzens gegenübergestellt, weil bereits moderater Güterverkehr imstande ist, die LKW-geplanten bayrischen Landstraßen erheblich zu entlasten.

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