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Visionen in die Tat umsetzen – auch weiterhin

29.01.18 (Kommentar, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Wenn Ronald Lünser zum 1. Januar 2019 seine neue Tätigkeit als VRR-Vorstandssprecher in Gelsenkirchen aufnimmt, dann erwartet ihn ein bestelltes Feld: Kein Vergleich mit dem, was kurz nach der Jahrtausendwende los war, als der damals neue und jetzt alte Vorstand Martin Husmann die ersten Jahre seiner Tätigkeit nur damit beschäftigt war, Schadensbegrenzung zu betreiben.

Und was zwischen 2003 und heute erreicht wurde, hätte sich damals wohl kaum einer vorstellen können: Die älteren werden sich an den Zustand der meisten S-Bahnen an Rhein und Ruhr erinnern, die jeder Beschreibung spotteten und sich von öffentlichen Toiletten oft kaum noch unterscheiden ließen.

Damals war es üblich, dass „die Bundesbahn“ einen Großteil des SPNV bekommt und das in der Regel auch als Direktvergabe – Ausschreibungen waren selten und wenn dann auf solche Strecken beschränkt, die die alte Behördenbahn ohne Eisenbahnreform wohl ohnehin geschlossen hätte. Wer hätte denn damals gedacht, dass Wettbewerb die Regel wird und DB Regio auf einmal nur noch ein Akteur unter vielen ist?

Das Unternehmen hat es geschafft, sich zu einem modernen Dienstleister zu transformieren. Das ging aber nur, weil man einen Aufgabenträger hatte, der immer wieder den Finger in die Wunde gelegt hat. Nach 15 Jahren unter der Ägide von Martin Husmann gab es ein Abellio-Urteil, Finanzierungskonzepte für kleine und große Ausschreibungsnetze, Herstellerwartung und vieles mehr, das es nun umzusetzen gilt.

Denn was auf dem Papier gut aussieht, muss sich in der Praxis bewähren. Eine so deutliche Trennung zwischen Betrieb und Instandhaltung ist auf deutschem Boden neu. Das gab es vorher nicht und selbst wenn Aufgabenträger hin und wieder einen eigenen Fuhrpark hatten, so war die Instandhaltung doch in der Regel Sache des Betreibers.

Ein Blick über den Ärmelkanal zeigt, wie man das in Großbritannien löst und da funktioniert das Zusammenspiel aus Aufgabenträger, Verkehrsbetreiber und Instandhalter sehr gut. Man hat jahrzehntelange Erfahrungen und die Akteure kennen sich. Und dann ist da noch eine andere Sache: Auf jedem Bahnsteig kann man dort Pünktlichkeits- und Qualitätswerte der verschiedenen Verkehrsunternehmen sehen.

Wer war wie oft pünktlich, in welchem Zustand sind die Züge und und und: Hier wird Controlling sichtbar und transparent. Vor allem aber ist die Eisenbahn nicht mehr nur dann Thema, wenn irgendwas nicht läuft, sondern man kann eine Kultur der Anerkennung schaffen: Es reicht dann eben nicht mehr, wenn irgendwo im Internet Qualitätsberichte zu lesen sind, sondern an jeder Station kann man sehen, wie gut (oder schlecht) es läuft: Wer war letzten Monat besser als sein Konkurrent, wer hat zugelegt und bei wem ist noch Nacharbeit erforderlich?

Das klingt für Deutschland unrealistisch und manch einer wird den Vorschlag als polemisch von sich weisen. Aber wenn eines von Martin Husmann bleibt, dann die Erkenntnis, dass alles geht, wenn man denn nur will. Vor allen Dingen aber muss irgendwann mal jemand anfangen.

Siehe auch: Ronald Lünser wird VRR-Vorstandssprecher

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