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CDU, CSU und SPD stehen vor Koalitionsverhandlungen

18.01.18 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

In der letzten Woche haben sich CDU, CSU und SPD im Rahmen ihrer Sondierungsgespräche darauf geeinigt, in gemeinsame Koalitionsverhandlungen einzutreten. Bei der SPD muss ein Sonderparteitag am kommenden Wochenende noch zustimmen und dann kann in den nächsten Wochen eine neue alte große Koalition geschmiedet werden – was auch Folgen für die Eisenbahnpolitik der kommenden dreieinhalb Jahre haben dürfte. Zunächst einmal ist geplant, im Herbst 2019 eine Zwischenbilanz zu ziehen.

Dann könnte es womöglich schon zu vorgezogenen Neuwahlen kommen – oder zumindest zu einer Kabinettsumbildung. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sieht die Gespräche als ermutigend an. Verbandspräsident Jürgen Fenske, selbst SPD-Mitglied: „Die finanziellen Weichen werden insbesondere mit der Aufstockung der Mittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) und der Verstetigung des Fonds für nachhaltige Mobilität richtig gestellt. Für die Städte ist das Rückenwind für einen klima- und umweltfreundlichen ÖPNV und den weiteren Umstieg vom Auto in Bus und Bahn.“

Darüber hinaus begrüßt der VDV die Verstetigung der Investitionsmittel im Etat des Bundesverkehrsministeriums und die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Damit nehmen CDU, CSU und SPD langjährige Forderungen des VDV auf. Insbesondere im Bereich des kommunalen ÖPNV hat der VDV durch das unterfinanzierte GVFG seit Jahren eine Schieflage zu Lasten von Bus und Bahn gesehen.

„Ebenso zu begrüßen ist, dass der Fonds für nachhaltige Mobilität keine Eintagsfliege bleiben, sondern verstetigt werden soll“, so Jürgen Fenske. Damit können sinnvolle Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Luftreinhaltung in den Städten nachhaltig und dauerhaft finanziert werden. Insgesamt bewertet der VDV die Ergebnisse der Sondierungsgespräche als eine gute Grundlage, um nun in Koalitionsverhandlungen einzutreten.

„Um das Paket für den öffentlichen und umweltfreundlichen Verkehr rund zu machen, müssen in den Koalitionsgesprächen insbesondere aber noch die Themen des Schienengüterverkehrs, vor allem die konkrete Umsetzung des Masterplans, geregelt werden,“ so Jürgen Fenske. Weit weniger begeistert ist man beim Verkehrsclub Deutschland. Die Klimaziele wurden gestrichen.

Wasilis von Rauch, VCD-Bundesvorsitzender: „Wer A sagt, muss auch B sagen. Wenn die große Koalition die selbst eingeräumte Handlungslücke zum Erreichen des Klimaziels 2020 tatsächlich schließen will, braucht es dafür konkrete Maßnahmen für den Verkehr. Dazu gehört, ein Tempolimit von 120 km/h einzuführen. Dies würde die CO2-Emissionen um drei Millionen Tonnen pro Jahr mindern. Schwarz-rot muss in diesem Jahr auf EU-Ebene für einen ambitionierten CO2-Wert für Pkw kämpfen, statt wie bisher den Vorstellungen der Autoindustrie zu folgen. Geschieht das nicht, sind die Beteuerungen für die Klimaziele 2020, 2030 und 2050 und auch das angekündigte Klimaschutzgesetz Makulatur.“

Vieles in dem Abschlusspapier von CDU, CSU und SPD klinge wie ein Weiter so in der Verkehrspolitik. Der Begriff Verkehrswende kommt nicht vor, genauso wenig wie der Fuß- und Radverkehr. Fahrverbote sollen unbedingt verhindert werden, aber die Maßnahmen zur Verbesserung der Atemluft für die Bürger bleiben angesichts der dramatischen Lage in den Städten viel zu unkonkret.

Eine Neuauflage der großen Koalition ergibt aus Sicht des VCD nur Sinn, wenn sie sich klar zu Hardware-Nachrüstungen für Autos sowie einer Einführung der blauen Plakette bekennt und das Dieselprivileg abschafft. Wasilis von Rauch: „Verspricht diese Koalition einen Investionshochlauf für den Verkehr, muss sie dabei deutlich machen, dass Investitionen in den Umweltverbund nach Jahrzehnten einseitiger Förderung der Straßeninfrastruktur künftig eindeutig Vorrang haben.“

Auch Matthias Gastel, eisenbahnpolitischer Sprecher der Fraktion der Grünen im Bundestag, zeigte sich in den sozialen Netzwerken enttäuscht. CDU, CSU und SPD brächten es fertig, „auf 28 Seiten nicht ein einziges Mal die Verkehrswende zu erwähnen. Das Papier strotzt vor nebulösen Ankündigungen ohne verbindliche Daten. In vielen Dingen war das Jamaika-Papier deutlich klarer und präziser. Die Bahnpolitik mal wieder ohne Ziele. Union und SPD wissen nichts mit ihrem Unternehmen Deutsche Bahn anzufangen. Nach einer ersten Durchsicht: Uns droht eine erneute Betonkoalition. Bitter!“ Die eigentlichen Koalitionsverhandlungen werden sich nun anschließen.

Siehe auch: Großkoalitionäre Konzeptlosigkeit

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