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Renaissance der Tram (alter oder neuer) Art

07.12.17 (Bayern, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist noch gar nicht so lange her, da galt die konventionelle Tram als Auslaufmodell: Sicher sind moderne Stadtbahnen in der Lage, einen Teil des Tramnetzes alter Art zu übernehmen: Unterirdisch in der Innenstadt, in Mittellage durch große Ausfallstraßen oder sogar auf der Autobahn. Zahlreiche kleinere Strecken galten als Schließungskandidaten, hier würden bald ohnehin Busse fahren. Heute wissen wir: Das ist nicht so.

Es gibt etwas zwischen Stadtbahn und Busverkehr. Juristisch natürlich nicht, der Gesetzgeber kennt nur Eisenbahnen und Straßenbahnen. Aber die Tram, die heute – in deutlich größerer Kapazität als Busse – im Verkehr mitschwimmt, dabei von Ampelvorrangschaltungen profitiert und trotzdem niederflurig fährt und sich somit ins Stadtbild einpflegt, ist keinesfalls ein Relikt der Vergangenheit.

Man kann das in mehreren Städten auch sehen. München etwa hat wieder ein Straßenbahnnetz, das diesen Namen verdient und das nichts mit dem U-Bahnnetz gemeinsam hat. Auch in Bochum ist es gelungen, einige Linien, die lange vor der Schließung standen, fit für die Zukunft zu machen: Ob die Linie 318 Richtung Bochum-Dahlhausen oder die Linie 306 nach Wanne-Eickel: Was einst vor dem Aus stand ist heute ein Erfolg.

Nun ist die Tram natürlich längst nicht mehr das, was wir uns von früher vorstellen: Eine gemütliche Bimmelbahn, die eingleisig zwischen den Autos fährt – von denen es früher deutlich weniger gab – und die irgendwie nicht mehr ins Narrativ autogerechter Städte der früheren Bonner Republik passen wollte.

Aber dennoch sind da einige Dinge, die man in unserer Zeit einfach beachten muss: Ähnlich wie Busse heute Busspuren an Ampeln haben, damit sie an wartenden Autoschlangen vorbeifahren können, muss man auch Tramgleise so führen, dass sie nicht an der Ampel stehen, sondern regelmäßig vorbeifahren können. Gleichzeitig muss man verhindern, wenn eine Tram im Straßenraum mitschwimmt, dass diese durch ihre regelmäßigen Halte übermäßige Staus verursacht.

Denn je heftiger das gerade in der Hauptverkehrszeit ist, umso stärker ist im Anschluss sogar die nächste Tram betroffen, die einige Minuten später fährt. Das ist auch so eine Sache: Ein Zehn-Minuten-Takt müsste wohl die Regel sein, wenn man eine moderne Tram fahren lässt. Für ein Angebot, das nur alle zwanzig Minuten fährt, lohnt sich der Aufwand eigener Infrastruktur nicht.

Denn auch das muss klar sein: Die Tram ist ein Bindeglied zwischen Stadtbahn und Busverkehr. Sie muss deutlich leistungsfähiger sein als so ein Bus es ist, denn sie kann wesentlich mehr Menschen transportieren. Es kommen auch mehr Fahrgäste in die Straßenbahn; das hat größtenteils irrationale Gründe, weil viele Menschen die Schiene, auch wenn sie in die Straße eingelassen ist, für im Vergleich zum Bus höherwertiger halten.

Aber auch das muss man wissen, wenn man sich mit der Frage nach der Zukunft der Tram beschäftigt. Eins steht jedenfalls fest: Ein Auslaufmodell ist sie nicht. Im 21. Jahrhundert kann man mit der Tram eine Menge zur Lösung kommunaler Verkehrsprobleme beitragen.

Siehe auch: Erster Siemens-Avenio für Ulm verlässt das Werk
Foto: PTA 78

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