Erfreulich, aber nicht ausreichend
23.10.17 (Fernverkehr, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Es ist natürlich erfreulich, wenn DB Fernverkehr die Entscheidung trifft, bestimmte zusätzliche Eisenbahnleistungen anzubieten. Wenn die Nachfrage groß genug ist, muss gefahren werden. Doch wird dann auch immer gefahren? Trotz aller kurzfristigen Positiventwicklungen ist im deutschen SPFV keinerlei Konzept zu erkennen.
Die vor zweieinhalb Jahren als großer Durchbruch vorgestellten Planungen haben sich inzwischen als das entpuppt, was sie von Anfang an waren: Der Versuch der DB AG, sich einen neuen Direktvergabemarkt zu schaffen. Wir nennen bestimmte Züge nicht mehr Regionalexpress sondern InterCity und hoffen dafür, möglichst viel Geld vom Aufgabenträger abgreifen zu können.
In Nordrhein-Westfalen hat man das bereits mehrfach versucht. Es fing an vor der Vergabe des Ruhr-Sieg-Netzes, als DB Fernverkehr und NWL einen unterschriftsreifen Vertrag hatten, der vorsieht dass die Linie RE 16 zwischen Hagen und Siegen nur noch alle zwei Stunden ausgeschrieben wird und dass in der alternierenden Stunde ein Zug unter dem Label InterCity fährt, für den es einfach so Geld vom Aufgabenträger gibt.
Eine Klagedrohung hat das verhindert, was im übrigen alles aus offiziellen NWL-Verbandsunterlagen hervorgeht. Auch beim Angebot auf der Mitte-Deutschland-Verbindung hat es ähnliche Vorhaben gegeben: Beim NWL – und hier ist die Lernresistenz einiger Aufgabenträger manchmal wirklich bemerkenswert – wollte man eine „Vereinbarung zur Tarifintegration“ mit DB Fernverkehr machen.
Wieder also sollte Geld vom Aufgabenträger an einen Betreiber fließen ohne dass es eine Ausschreibung oder sonst ein rechtskonformes Vergabeverfahren gegeben hätte. Diesmal ging es tatsächlich in die Auseinandersetzung und die Vergabekammer Münster hat das Ansinnen untersagt. Was sagt uns das jetzt? Ganz augenscheinlich sind Eisenbahnleistungen, auch wenn sie einen sehr langen Laufweg haben, allein aus den Fahrgelderträgen nicht auskömmlich finanzierbar.
Versuche der DB Fernverkehr AG , ihre Fahrten aus Regionalisierungsgeldern alimentieren zu lassen, belegen das. Übrigens, inzwischen spricht kein Mensch mehr davon, z.B. zwischen Hagen und Siegen einen InterCity fahren zu lassen: Kein Geld vom Aufgabenträger, da ist Schluss mit lustig. Es zeigt aber, dass die Verkehrsbedürfnisse auf der Schiene dennoch da sind.
Dafür ist in Artikel 87e des Grundgesetzes klar eine Zuständigkeit beim Bund definiert. Dieser ist verpflichtet, das per Gesetz zu regeln. Es gibt das Gesetz nicht und zwei Versuche der Länder, ein solches über den Bundesrat zu erlassen sind gescheitert. Deswegen sind jetzt die Länder gefordert: Man muss das nicht nur politisch, sondern auch juristisch einfordern.
Eine Möglichkeit wäre, dass sich mehrere Verkehrsminister zusammentun und gemeinsam vor dem Bundesverfassungsgericht klagen: Der Bund kommt seiner Pflicht, ein solches Gesetz zu erlassen nicht nach, also muss man versuchen, ein entsprechendes Urteil zu erwirken. Denn eins weiß man inzwischen: Die Eigenwirtschaftlichkeit im SPFV ist komplett gescheitert.
Siehe auch: SPFV-Konzept für 2018 vorgestellt
Foto: Didgeman