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Eisenbahnpolitik in Jamaika

02.10.17 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Bundestagswahlen liegen nun hinter uns: Sieben Parteien sitzen im neu gewählten Parlament, die sich auf sechs Fraktionen verteilen. Ob das in den kommenden vier Jahren mehr werden, bleibt abzuwarten: Sowohl bei der CDU/CSU-Fraktion als auch bei der AfD-Fraktion ist eine Spaltung zumindest im Bereich des möglichen. Im Moment sieht alles nach einer schwarz-grün-gelben Koalition aus, die aus CDU, CSU, Grünen und FDP bestehen würde.

Die Eisenbahnbranche hat für das neue Jamaika-Kabinett einen Katalog mit Handlungsempfehlungen vorgelegt. „Damit der Verkehrssektor seine rote Laterne beim Klimaschutz abgeben kann, muss die Politik die Stärkung der Schiene auf der Agenda gewaltig nach oben stufen. Der Bund sollte der Eisenbahn eine strategische Schlüsselrolle übertragen, um den Verkehr zukunftsfest zu machen“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege.

„Mit dem Dieselgipfel und drohenden Fahrverboten haben Verkehrsthemen zum ersten Mal im Wahlkampf eine Rolle gespielt. Der Druck auf die Politik wächst. Unmittelbar vor Beginn der Koalitionsverhandlungen macht die Bahnbranche der neuen Bundesregierung mit dem „Fahrplan Zukunft“ konkrete Vorschläge, wie der verkehrspolitische Rahmen in den nächsten vier Jahren aufgespannt werden sollte“, sagte Flege.

Der Cheflobbyist verwies auf den überraschend großen Konsens der Parteiprogramme zur künftigen Schienenverkehrspolitik. „Mit der Senkung der Trassenpreise, dem Bekenntnis zum Deutschland-Takt und der nötigen Digitalisierung des Eisenbahnverkehrs legen die Parteien den Finger in die Wunde: Die Schiene ist bei Investitionen, Wettbewerbsbedingungen und staatlicher Innovationsförderung klar benachteiligt. Den richtigen Analysen müssen nun sehr bald Taten folgen.“

Jürgen Fenske, Präsident beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), forderte einen politischen Primat für die Elektromobilität auf der Schiene. „Die Schiene steht wie kein anderes Verkehrsmittel seit Jahrzehnten für erfolgreiche und funktionierende Elektromobilität. Und das nicht nur bei der Eisenbahn, sondern auch im städtischen Nahverkehr. Um die notwendige Verkehrswende zu schaffen, müssen wir also mehr auf den Ausbau des umweltfreundlichen Schienenverkehrs setzen und weniger auf den Pkw“, sagte Fenske und verlangte von der neuen Regierung, ein Sonderprogramm für Ausbau und Modernisierung des öffentlichen Verkehrs.

Parallel dazu sollten die Energie- und Kraftstoffsteuern „zeitgemäß“ reformiert werden. „Den emissionsarmen, elektrischen Schienenverkehr durch Stromsteuern oder EEG-Umlage zu belasten, ist ein umweltpolitischer Irrweg.“ Bereits 2012 hat die Allianz pro Schiene im Hinblick auf die Bundestagswahlen 2013 gefordert, der Elektrifizierungsgrad müsse auf siebzig Prozent erhöht werden. Das ist jedoch in der jetzt abgelaufenen Legislaturperiode nicht gelungen.

Auch Alexander Kirchner, Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und Vorsitzender der Allianz pro Schiene, mahnte die neue Regierung zu größerer Tatkraft. „Den Masterplan Schienengüterverkehr hat die Vorgänger-Regierung erst im vierten Jahr der Legislatur auf den Weg gebracht. Umso wichtiger, dass die beschlossene Halbierung der Schienenmaut für den Güterverkehr jetzt mit dem Haushalt 2018 kommt. Die neue Bundesregierung muss den Masterplan in Gänze umsetzen, die Arbeitnehmer bei den Güterbahnen verlassen sich darauf.“

Kirchner erinnerte auch an den Deutschland-Takt, der das Bahnfahren für die Reisenden einfacher und komfortabler macht. Hier sei der Fahrplan klar: „Als allererstes brauchen wir den Zielfahrplan für den Deutschland-Takt, damit die nötigen Netzertüchtigungen angepackt werden können. Und wir brauchen auch für den Personenverkehr eine Senkung der Trassenmaut“, sagte Kirchner.

Manfred Fuhg, Leiter Mobility Division von Siemens Deutschland und Förderkreissprecher im Vorstand der Allianz pro Schiene, forderte Rückenwind für die Digitalisierung und Vernetzung des Schienenverkehrs: „Eine Effizienzsteigerung des Bahnverkehrs ist nur mit der Vernetzung und Digitalisierung des Systems Bahn möglich. Ein vom Bund gefördertes, digitales Testfeld für automatisiertes Fahren auf der Schiene und intermodale Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern wären wichtig. Die Einführung des europäisches Zugsicherungssystems ETCS verspricht große Fortschritte beim vernetzten Fahren auf der Schiene und steigert die Kapazität des Schienennetzes erheblich.“

Siehe auch: Wohin steuert die Jamaika-Bahn?

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