Debatte über Bahnsteighöhen
13.10.17 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Dieser Tage kam aus dem Bundesverkehrsministerium der Vorstoß, Bahnsteige künftig generell auf 76 Zentimeter über der Schienenoberkante zu vereinheitlichen. Das solle der Standard werden, der in den nächsten Jahrzehnten überall als Zielsetzung genutzt werden solle. Die BAG SPNV kritisiert diesen Vorstoß. Dieser käme „zwanzig Jahre zu spät“ und gefährde das Ziel der Barrierefreiheit im SPNV.
In den vergangenen Jahrzehnten haben sich im Regionalverkehr in Deutschland zwei Bahnsteighöhen etabliert. Einige Bundesländer (darunter ein Großteil der neuen Bundesländer) haben – in Abstimmung mit DB Station & Service – auf eine Bahnsteighöhe von 55 Zentimetern gesetzt, wie sie auch in Österreich, Frankreich und der Schweiz üblich ist.
BAG-SPNV-Hauptgeschäftsführer Frank Zerban: „Erst 2011 haben Bahn und Länder Bahnsteighöhenkonzepte abgestimmt, die sich an den tatsächlichen Rahmenbedingungen orientieren. Nur wenige Jahre später will der Bund jetzt mit der Brechstange ein anderes Vorgehen festschreiben. Das ist wirklich ärgerlich.“
Die Fahrzeuge im Nahverkehr seien heute auf die jeweilige Bahnsteighöhe ausgerichtet. Dadurch könnten Fahrgäste barrierefrei zusteigen. Die „Einheitshöhe“ führe hier zu neuen Barrieren.
Zerban ergänzt: „Allein für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben wir Anpassungskosten in Milliardenhöhe errechnet. Auch in Nordhessen, weiten Teilen von Rheinland-Pfalz und Teilen von Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern bestehen große Netze mit 55 Zentimeter hohen Bahnsteigen, die mit Milliardenkosten angepasst werden müssten. Wir möchten mit dem Geld lieber den Nahverkehr ausbauen, als sinnlos Beton in die Gegend zu gießen.“
Viel wichtiger als eine Diskussion über 55 oder 76 Zentimeter hohe Bahnsteige zu führen sei es, so Zerban, die große Zahl der Bahnsteige, die immer noch nur eine Höhe von 38 Zentimetern oder niedriger haben, zu verringern. Der Bund sollte beide Bahnsteighöhen als gleichwertiges Ziel anerkennen.
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