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Vernunft statt Ideologie

11.09.17 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist eigentlich völlig egal, ob der Anteil des Busses bei Verkehrsemissionen nun zwei oder fünf Prozent beträgt. Es ist in jedem Fall sehr wenig. Im Gegenteil: Man stelle sich mal vor, nur ein Teil der Fahrgäste im Bus würden im Fall eines geringeren Angebotes nicht zu Hause bleiben und sich auch nicht fahrgastverdichten lassen, sondern ihr Auto nehmen. Dann wäre der Schadstoffausstoß insgesamt deutlich höher. Jede Busfahrt senkt das Abgasaufkommen.

Wenn man also saubere Luft in den Innenstädten will, dann muss man dafür sorgen, dass mehr Busse fahren. Nun soll hier gar nicht diskutiert werden, dass die zulässige Stickoxid-Belastung an Arbeitsplätzen ein vielfaches höher ist als im Straßenraum. Luftreinhaltung sollte nämlich dennoch ein Thema sein und moderne Dieselbusse sind, auch wenn es in der ÖV-Branche keiner hören will, Teil der Lösung und nicht Teil des Problems.

Es fängt bei rein pekuniären Fragen an: Es ist wirtschaftlich nicht darstellbar, Elektro- oder Hybridbusse anzuschaffen, weil diese im Vergleich zu konventionellen Dieselbussen nicht marktfähig sind. Jetzt heißt es – und Theatergänger fühlen sich an das Warten auf Godot erinnert – dass eines schönen Tages die Marktreife eintreten wird. Weil Elektrobusse ja durch die massive öffentliche Förderung auch immer besser werden. Ha!

Und wenn man genug Geld reinsteckt, dann sind die irgendwann also genauso gut. Dumm nur, dass Forschung und Entwicklung im Bereich konventioneller Dieseltraktion ebenfalls nicht stehenbleibt. Ausgerechnet die Kölner Verkehrsbetriebe, das Heimatunternehmen des VDV-Präsidenten, hat sich hier Anfang 2016 versehentlich verquatscht: Busse Baujahr 2016 haben einen Dieselverbrauch von rund 7,5 Prozent weniger als Busse Baujahr 2013.

Von zusätzlich verbesserter Filtertechnologie ist da noch gar keine Rede. Zumal wir hier von konventionellen Bussen reden, also potentielle Verringerungen, die sich in puncto Leichtbaubusse ergeben könnten, sind ebenfalls noch nicht berücksichtigt. Wenn man sich aber all das ansieht, darf man berechtigterweise in Zweifel ziehen, ob es jemals eine marktfähige(!) Alternative zu konventioneller Dieseltraktion geben wird.

Dabei ist elektrische Traktion durchaus sinnvoll – zum Beispiel auf der Schiene. Im Zusammenhang mit der Sperrung der Rheintalbahn, wo sich die bundesdeutsche Infrastrukturpolitik einmal mehr bis auf die Knochen blamiert hat, hat die Allianz pro Schiene jüngst eine Elektrifizierungsoffensive für die Eisenbahn gefordert. Richtig so! Der Anteil nicht elektrifizierter Strecken in Deutschland ist zu hoch, hier muss sich was tun.

Doch diese Erkenntnis ist nicht neu. Ein Blick in die Archive zeigt, dass es gerade jene Allianz pro Schiene war, die bereits 2012 eine nahezu identische Forderung nach siebzig Prozent Elektrifizierung gestellt hat – passiert ist in den vier Jahren unter Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt in diese Richtung nichts. Jetzt liegen ja angeblich diverse Masterpläne für die Eisenbahn in der Schublade. Man darf gespannt sein, ob in der neuen Legislaturperiode irgendwas davon umgesetzt wird. Denn demnächst hat man wieder vier Jahre Zeit für Gestaltungsfreiheit.

Siehe auch: Umstellung auf Elektrobusse läuft

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