Tramtrain-Systeme feiern Jubiläum
28.09.17 (Baden-Württemberg, Hessen) Autor:Stefan Hennigfeld
Dieser Tage feiern gleich zwei Tramtrain-Systeme ihr Jubiläum: Seit 25 Jahren gibt es das Karlsruher Modell und seit zehn Jahren die Regiotram in Kassel. Die Kombination aus klassischem SPNV und Tram in der Stadt ist ein Erfolg: Überall dort, wo man ein Oberzentrum mit umliegenden Klein- und Mittelstädten hat, scheint man in diese Richtung gut und gerne auf die Schiene umzusteigen.
Vor einem Vierteljahrhundert wurde das weltweit erste Modell einer Zweisystem-Stadtbahnstrecke durch die Inbetriebnahme der Stadt-Umland-Verbindung zwischen Karlsruhe und Bretten-Gölshausen aus der Taufe gehoben. Das genaue Datum der Pionierfahrt war der 25. September 1992. Der Erfolg des neuen Nahverkehrskonzepts basierte auf der Zweisystemtechnik, mit der umgerüstete Stadtbahnen erstmals sowohl das innerstädtische Straßenbahnnetz als auch regionale Eisenbahnstrecken befahren konnten.
Heute nutzen rund 170 Millionen Menschen pro Jahr das leistungsstarke Nahverkehrsangebot mit Bahnen und Bussen im KVV-Gebiet. „Heutzutage ist es für Millionen Fahrgäste eine Selbstverständlichkeit, in einem Zweisystemfahrzeug der AVG in unserem weitverzweigten Streckennetz komfortabel und umsteigefrei unterwegs zu sein. Doch was 2017 für unsere Fahrgäste gewohnte und geschätzte Realität ist, war Anfang der 90er-Jahre noch eine kühne Vision“, sagte Ascan Egerer, technischer Geschäftsführer der AVG.
Er wies des Weiteren darauf hin, dass die Entwicklung der Pionierstrecke zu einem weit in die Region reichenden „Erfolgsmodell“ aufs Engste mit dem Wirken von Dieter Ludwig verbunden gewesen sei. Der ehemalige Geschäftsführer der AVG, der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) und des Karlsruher Verkehrsverbunds (KVV) gilt als der Erfinder des „Karlsruher Modells“.
Auch Alexander Pischon, Vorsitzender der AVG-Geschäftsführung, würdigte Ludwigs Leistung und ergänzte, dass der Erfolg der vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte zudem eng mit dem außergewöhnlichen Engagement der AVG- und VBK-Mitarbeiter verbunden gewesen sei. „Da zahlreiche AVG-Stadtbahnlinien auf ihrem Weg zu weiter entfernten Zielen in der Region die Karlsruher Innenstadt durchqueren, kommt der engen Zusammenarbeit zwischen der AVG und den VBK für einen reibungslosen Betriebsablauf von jeher große Bedeutung zu“, sagte Pischon, der die Gelegenheit der Sonderfahrt auch nutzte, um einen Blick in die Zukunft zu werfen.
„Mit Blick auf die Zukunftssicherung des Modells wurde am 24. Juli mit der Unterzeichnung des Eckpunktepapiers ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung getan“ sagte Pischon.
Auch in Kassel wurde gefeiert. Im Herbst 2007 eröffnete der Tunnel unter dem Kassler Hauptbahnhof und somit ging die Verknüpfung zwischen Tram und SPNV an den Start. Seitdem haben mehr als 13,6 Millionen Fahrgäste die Tunneldurchfahrt für den Weg zur Arbeit, in die Schule, nach Hause oder auch in die Freizeit genutzt. Und es sind im Laufe der Jahre kontinuierlich mehr geworden.
So lag die Zahl der Tunneldurchfahrer auf den Regiotram-Strecken Richtung Wolfhagen, Hofgeismar, Schwalmstadt und Melsungen im Jahr 2008 noch bei 754.000, im Jahr 2016 bei mehr als 2,4 Millionen. Gleichzeitig stiegen die Fahrgastzahlen in den letzten zehn Jahren von insgesamt 1,8 Millionen auf voraussichtlich 5,6 Millionen in 2017. Damit hat sich die Fahrgastzahl seit der Einführung mehr als verdreifacht.
Für Wolfgang Rausch, NVV-Geschäftsführer, spielt die Entwicklung der Regiotram eine wesentliche Rolle für die Entwicklung des ÖPNV in Nordhessen: „Mit dem Regiotram-System wurde eine neue Qualität des ÖPNV in Nordhessen eingeführt: mit einem Fahrzeug umsteigefrei aus der Stadt in die Region und umgekehrt. Das hat viele Menschen überzeugt. Und die Fahrgäste haben die Erfolgsgeschichte mitgeschrieben. Dafür möchten wir uns ganz besonders bedanken.“
Neben Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit beeinflusst auch der Komfort die Bewertung der Erklärungen für die gute Bilanz gibt es einige, die auf der Hand liegen. Das attraktive Angebot ist bekannt, hat sich in den Köpfen verfestigt. Die Regiotram-Station spielt bei der Wohnortwahl eine immer größere Rolle.
Regiotram bei den NVV-Kunden, so verfügt die RegioTram über eine Kapazität von 160 Plätzen, 90 davon allein zum Sitzen. Die Fahrgäste haben dem Fahrzeug Regiotram beim jüngsten NVV-Kundenbarometer daher erneut Bestnoten erteilt. Es ist also der betriebliche Alltag, der für eine attraktive Schiene zuverlässig funktionieren muss.
Siehe auch: Das undenkbare umsetzen