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In Stuttgart drohen Einfahrverbote für Dieselautos

03.08.17 (Stuttgart, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

In der vergangenen Woche hat das Stuttgarter Verwaltungsgericht aufgrund einer Klage der Deutschen Umwelthilfe entschieden, dass diese einen Anspruch auf Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart hat. Damit sind alle Maßnahmen gemeint, die zu einer schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte für Stickstoff-Oxide in der Umweltzone Stuttgart führen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, so dass sowohl eine Revision beim Oberverwaltungsgericht in Mannheim als die Sprungrevision beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig möglich sind. Nach Ansicht der zuständigen 13. Kammer ist die für die Aufstellung von Luftreinhalteplänen zuständige Planbehörde, im konkreten Fall Regierungspräsidium Stuttgart, verpflichtet einen Luftreinhalteplan aufzustellen oder fortzuschreiben, wenn die nach europa- und bundesrechtlichen Vorschriften einzuhaltenden Immissionsgrenzwerte für Luftschadstoffe nicht eingehalten werden.

Das ist hier der Fall, weil in der Umweltzone Stuttgart die Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid seit 2010 bis heute nicht eingehalten werden. Dieser Verpflichtung, den Luftreinhaltungsplan Stuttgart um die zur Einhaltung dieser Immissionsgrenzwerte erforderlichen Maßnahmen zu ergänzen, ist die Planbehörde mit dem vorgelegten Planentwurf nicht im gebotenen Umfang nachgekommen und muss entsprechend weiterarbeiten.

Dazu gehören auch Fahrverbote für Dieselfahrzeuge, die bestimmte Abgasnormen nicht erfüllen – bis hin zu generellen Einfahrverboten privater Autos. Die bislang erwogenen Maßnahmen (Geschwindigkeitsbeschränkungen, Verkehrsverbote nach Kfz-Kennzeichen, City-Maut, Nahverkehrsabgabe und sog. „Nachrüstlösung“) sind, so heißt im Gerichtsurteil, von ihrem Wirkungsgrad nicht gleichwertig.

Dies gilt insbesondere auch für die von der Landesregierung und der zuständigen Planbehörde zuletzt als vorzugswürdig erachtete Nachrüstung, weil diese – selbst bei einer angenommenen freiwilligen Umrüstquote von 100 % bis 2020 und einer ausnahmslos angenommenen Reduzierung der realen Emissionen im Straßenverkehr durch die Nachrüstung um mindestens fünfzig Prozent – nach der eigenen Einschätzung der Gutachter des Beklagten bis 2020 lediglich zu einer Reduzierung der überschrittenen Immissionsgrenzwerte um maximal neun Prozent führen kann.

Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) zeigte sich zufrieden mit der Gerichtsentscheidung. „Die Landesregierung verfolgt seit Jahren die Strategie, die Bevölkerung vor Schadstoffen zu schützen. Gesundheitsschutz durch Maßnahmen zur Luftreinhaltung war und ist das Ziel der Landesregierung. Das wird auch dadurch deutlich, dass die Schadstoffwerte in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken sind. Weitere Schritte zur Luftreinhaltung sind notwendig. Dazu gehört vor allem eine rasche, wirksame, nachprüfbare und von der Autoindustrie zu finanzierende Nachrüstung der Dieselfahrzeuge.“

Nun sieht er die Bundesregierung bzw. seinen dortigen Amtskollegen Alexander Dobrindt (CSU) in der Pflicht, die diskutierte blaue Plakette einzuführen. Hermann: „Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart hat zugleich deutlich gemacht, dass eine Umweltzone mit blauer Plakette das wirksamste Mittel für die Luftreinhaltung ist. Dieses Mittel hat bisher der Bundesverkehrsminister den Ländern und Kommunen verweigert.“

Für insgesamt weniger Autoverkehr spricht sich der Verkehrsclub Deutschland (VCD) aus. „Die Landesregierung sollte das Urteil akzeptieren, den Luftreinhalteplan verschärfen und auf eine Revision verzichten“, so der Landesvorsitzende Matthias Lieb. „Die jahrelangen Betrügereien der Autohersteller haben dazu geführt, dass trotz Grenzwertverschärfungen die Luft in den Städten nicht besser geworden ist“.

Aus VCD-Sicht sind nun die Autobauer gefordert: „Nur nachgerüsteten Fahrzeugen, die die Grenzwerte einhalten, darf eine Einfahrgenehmigung in die Städte erteilt werden – angesichts der bewussten Grenzwertüberschreitungen sind die Autobauer in der Pflicht, auf ihre Kosten eine effektive Nachrüstung der Autoflotte vorzunehmen“, erklärt Matthias Lieb.

Wobei eine reine Software-Lösung zumeist nicht ausreichend sein werde, erwartet der VCD. Unabhängig von Fahrverboten müsse der Autoverkehr in den Städten auch aus Klimaschutzgründen weiter reduziert werden. Der Verkehrssektor, insbesondere der Straßenverkehr, habe in den letzten Jahren die Klimaschutzziele regelmäßig verfehlt. Das muss sich in Zukunft ändern.

Siehe auch: Drei Elfmeter ohne Torwart

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