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Es gibt keine Fahrzeugblase

24.08.17 (Europa, Kommentar, Niedersachsen, NWL) Autor:Stefan Hennigfeld

Vor einigen Jahren erschien eine Studie, die vor einer Fahrzeugblase gewarnt hat. Dadurch, dass angeblich zu häufig Neufahrzeuge durch die Aufgabenträger verlangt würden, drohten massive Sonderabschreibungen auf Züge, die schlicht keinen Einsatz mehr fänden. Weil man alle 15 Jahre neue Züge verlangte, aber diese auf 30 Jahre finanziert und abgeschrieben würde, müssten doch die Aufgabenträger in Zukunft verstärkt Gebrauchtfahrzeuge zulassen.

Damals hätte das in der Regel geheißen, dass DB Regio massive Vorteile gehabt hätte: Denn nur die ehemalige Bundesbahn kann auf einen großen Fundus eigener Züge zurückgreifen. Natürlich kann man mit Wertabschlägen arbeiten, um ein Stück Gerechtigkeit zwischen Gebraucht- und Neufahrzeugen zu ermöglichen, aber auf der anderen Seite sollen die Aufgabenträger ja auch profitieren, wenn sie gebrauchte Züge zulassen – die sind eben billiger als neue.

Damals wie heute war und ist klar, dass die Realität eine andere ist: Bei gebrauchten Fahrzeugen in guter Qualität fehlt es nicht nach Nachfrage, sondern es gibt zu wenige. Bereits damals brachte die einfache Nachfrage beim VDV ans Licht, dass es noch Fälle gab, bei denen Züge, die nicht mindestens zwanzig Jahre alt waren, dauerhaft und ohne Beschäftigung auf dem Abstellgleis gelandet wären.

Im Gegenteil: Wenn gute Züge verfügbar sind, finden sich auch Aufgabenträger, die sie haben wollen. Nein, alte Silberlinge will keiner mehr, aber der anrüchige Bundesbahn-Charme gehört auch nicht mehr in den modernen SPNV. Inzwischen sind wir ja noch weiter: Die S-Bahn Rhein-Ruhr hat deutlich gemacht, dass auch DB Regio bereit ist, vorhandene Fahrzeuge zu verkaufen, wie man es mit den ET 422 tut.

Natürlich hat das im konkreten Fall damit zu tun, dass es außerhalb dieses Netzes kein potentielles Einsatzgebiet gibt. Denn selbstverständlich kann der Eigentümer von Rollmaterial nach dem Ablauf eines Verkehrsvertrages einen anderen Einsatzort finden und dem bisherigen Aufgabenträger sagen „Tut uns leid, diese Züge stehen für die nächste Vertragsperiode nicht zur Verfügung, wir haben eine anderweitige Verwendung dafür gefunden.“

Das ist wie mit den Mitarbeitern: Der Verbleib beim bisherigen Unternehmen hat Vorrang. Wenn also DB Regio Eigentümer von Zügen ist, dann hat das Unternehmen jedes Recht den Verkauf abzulehnen, weil man andernorts damit an Ausschreibungen teilnehmen will. Das zeigt aber auch, dass die Behauptung, es gäbe keinen Gebrauchtfahrzeugmarkt, falsch war und ist. Den gibt es sehr wohl, wenn auch in den geschlossenen Grenzen des DB-Konzerns und in der Regel ohne dass jemand anders Zugriff hätte.

Und außerhalb? Da ist es in den letzten Jahren mehrfach passiert, dass mit den Betreiberwechseln die Züge einer Leasinggesellschaft einen neuen Mieter kriegen: 2011 im Weser- und Lammetalbahnnetz gingen die Fahrzeuge von der Eurobahn an die Nordwestbahn. 2013 ging es rund um Bielefeld umgekehrt und Züge gingen von der Nordwestbahn an die Eurobahn. Nun passiert ähnliches im Teutoburger Wald. Es gibt die vermisste Nachfrage für Gebrauchtfahrzeuge also durchaus!

Siehe auch: Eurobahn: Neue und gebrauchte Züge im Teutoburger Wald

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