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Vernunft statt branchenweitem E-Fieber

07.08.17 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

Freundlicherweise hat das Umwelt-Bundesamt erst letzte Woche Zahlen veröffentlicht: Etwa zwei Prozent des urbanen Schadstoffausstoßes im Zusammenhang mit Dieselmotoren geht auf den Busverkehr zurück. Das bedeutet, dass selbst eine sündhaft teure Halbierung durch die Anschaffung von Hybridbussen in hoher Zahl nur eine kleine Wirkung erzielen kann. Im Gegenteil: Ein Dieselbus ist bereits eine massive Vermeidung von Schadstoff, weil die Leute, die drin sitzen, nicht mit dem Auto rumfahren.

Das gilt umso mehr, wenn man die rasante technologische Entwicklung im konventionellen Dieselbereich sieht. Die Kölner Verkehrsbetriebe haben Anfang 2016 Zahlen genannt: Der Kraftstoffverbrauch eines Busses Baujahr 2016 liegt rund 7,5 Prozent unter dem eines Busses Baujahr 2013. Zur Erinnerung: Ein sündhaft teurer Hybridbus spart etwa 15 Prozent ein. Eine Zahl, die man bei der KVB wahrscheinlich versehentlich genannt hat, denn sie passt so gar nicht in das E-Fieber, dem die ÖV-Branche verfallen ist.

Die gesamte Branche muss sich, besser früh als spät, von der Lebenslüge verabschieden, dass Elektrobusse die Zukunft und Dieseltraktion ein Auslaufmodell sei. Das Gegenteil ist der Fall: Moderne Dieselbusse sind Teil der Verkehrswende und des sinkenden Schadstoffausstoßes. Natürlich muss man sicherstellen, dass die kommunalen Unternehmen mit modernen Bussen fahren. Ein zwanzig Jahre alter Schulbus kompensiert so manche Erfolge, die man mit der Anschaffung moderner Dieselbusse im Linienbetrieb hat, auf negative Art und Weise.

Da muss man also wirklich ansetzen: Moderne Fuhrparks und ein hohes Investitionsvolumen in neue konventionelle Dieselbusse. Das sorgt von selbst dafür, dass die Technologie hier immer besser wird: Es gibt zahlreiche Anbieter für solche Busse und es gibt ein so hohes Marktvolumen, dass diese ständig bemüht sind, den anderen zu übertrumpfen. Marktwirtschaft im Alltag eben – und das funktioniert.

Das heißt nicht, dass man elektrische Traktion generell nicht forcieren sollte. Auf der Schiene sieht die Sache ganz anders aus. Es ist ein Unding, dass nur etwas mehr als die Hälfte der deutschen Eisenbahninfrastruktur überhaupt mit Oberleitungen versehen ist. Hier muss sich was tun, Oberleitungen müssen die Regel werden – nicht nur bei zweigleisigen Hauptstrecken, sondern gerade auch bei Nebenbahnen.

Man muss verhindern, dass durchgehende Regionalzüge und vor allem schwere Güterzüge oft kilometerlang unter Fahrdraht mit Dieseltraktion fahren, weil ein Teil der Strecke nunmal keine Oberleitung hat. Das Geld, das für Hybrid- und Elektrobusse aus dem Fenster geschmissen wird, ist in einer bundesweiten Elektrifizierungsoffensive für Eisenbahnstrecken definitiv besser aufgehoben.

Und hier müssen tatsächlich auch Bund und Länder zusammenarbeiten: Ja, DB Netz bzw. DB Energie sind Bundesunternehmen, die meisten Strecken werden aber im (indirekten) Auftrag landeseigener Aufgabenträger vorgehalten. Die Stellen müssen konstruktiv zusammenarbeiten, Bund und Länder müssen die Finanzierungen gemeinsam sicherstellen. Da ist Elektromobilität nämlich sinnvoll!

Siehe auch: Die ÖV-Branche nach dem Dieselgipfel

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