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Die ÖV-Branche nach dem Dieselgipfel

07.08.17 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

In der letzten Woche fand in Berlin der Dieselgipfel statt. Zwar debattierten dort im wesentlichen Vertreter der Politik und der Autoindustrie, jedoch führt bei einer umfassenden Verkehrswende kein Weg an den öffentlichen Verkehrsmitteln vorbei. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) ist der Auffassung, dass die nächste Bundesregierung ein Sonderprogramm für die Modernisierung und den Ausbau des ÖPNV auflegen soll.

„Wenn wir die Schadstoffbelastung im innerstädtischen Verkehr nachhaltig senken wollen, dann brauchen wir mehr öffentlichen Verkehr. Statt mit hohen Millionenbeträgen aus Steuergeldern die Umrüstung von PKWs zu finanzieren wäre ein Sonderprogramm für den ÖPNV die richtige Antwort, wenn man umweltfreundlichen Verkehr in den Städten und Ballungsräumen fördern will“, so VDV-Präsident Jürgen Fenske. Der Verband sprach sich dabei erneut für eine Förderung von Elektrobussen aus – wenn es auch nur einer von mehreren Punkten ist.

Fenske: „Bei den ÖPNV-Linienbussen stärker auf Elektromobilität zu setzen ist ein richtiger Schritt. Aber wir müssen mehr tun als nur Dieselbusse durch Elektrobusse zu ersetzen oder PKW umzurüsten. Nachhaltig kann das Stickoxid-, Feinstaub- und CO2 -Problem in den Städten nur gelöst werden, wenn die umweltfreundlichen Verkehrsangebote wie der ÖPNV insgesamt gestärkt werden. Denn unsere Unternehmen sind in den Großstädten heute schon zu etwa achtzig Prozent elektrisch und klimaschonend unterwegs.“

Dabei braucht man allerdings auch entsprechende Verkehrskonzepte, die Deutschland fehlen. Fenske: „Wien und Kopenhagen haben deutlich höhere ÖPNV-Anteile am Verkehrsaufkommen als die deutschen Großstädte. Das hat man dort mit einer Angebotsoffensive im Nahverkehr durch Kapazitätserweiterungen auf Basis einer ausreichenden Finanzierung geschafft. Diese Modelle sollten uns in Deutschland als Vorbilder dienen. Mit bundespolitischen Entscheidungen wie der Versteinerung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes sind wir davon leider meilenweit entfernt.“

Hauptberuflich ist der Vorstandsvorsitzender der Kölner Verkehrsbetriebe, die ihrerseits schon seit längerem nicht nur die Schienen-, sondern auch den Busverkehr zumindest teilweise in elektrischer Traktion betreiben. Acht Elektro-Busse der Linie 133 rollen seit einem halben Jahr zwischen dem Breslauer Platz am Kölner Hauptbahnhof und dem Südfriedhof in Zollstock durch die Stadt – rund 520 Tonnen CO2 werden im Jahr dadurch eingespart. Der Erwerb der acht E-Busse kostete 5,6 Millionen Euro. Nordrhein-Westfalen hat das Projekt mit einer Förderung von 1,92 Millionen Euro unterstützt. Bis 2021 sollen sechs weitere komplette Linien der KVB umgestellt werden.

Unbürokratisch hat die Düsseldorfer Rheinbahn bereits in der letzten Woche auf das Stuttgarter Urteil des Verwaltungsgerichtes reagiert und bietet Haltern von Dieselautos attraktive Einsteigerangebote: Gegen Abgabe des Fahrzeugscheins können alle Diesel-PKW-Halter in Düsseldorf ein Ticket 2000 der Stufe A zum halben Preis erhalten. Diese Aktion gilt für die Monate August und September. Der Preis für das persönlich ausgestellte Ticket2000 liegt dann bei 41,50 Euro, im Abo bei 36,49 Euro pro Monat.

„Unsere Bahnen und Busse fahren im dichten Takt und auf einem engmaschigen Netz. Da werden viele Menschen, die bisher immer nur das Auto genutzt haben, sehr gute Alternativen finden! Und unsere App wird ihnen zuverlässig dabei helfen“, so Michael Clausecker, Vorstandssprecher der Rheinbahn. „Und wenn viele Dieselfahrer mitmachen, leisten wir hiermit einen echten Beitrag zur Verbesserung der Luft!“

Ähnlich sieht man die Sache auch bei der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). „Wer Feinstaub und Rußpartikel verhindern will, muss nun massiv in den öffentlichen Nahverkehr investieren“, forderte der Bundesvorsitzende Alexander Kirchner. „Elektromobilität ist auf der Schiene schon seit langem Realität. Eisenbahnen, Straßenbahnen und U-Bahnen fahren mit Strom – hier funktioniert, was auf der Straße einfach nicht klappen will.“

Auch im Güter- und Personenfernverkehr habe die Eisenbahn seiner Ansicht nach Potentiale, die es endlich zu nutzen gelte. „Es bedarf keiner großen Visionen, um die Prioritäten neu und vor allem richtig zu setzen“, so der Gewerkschaftsvorsitzende. Das Auto und der Lastwagen hätten auch in Zukunft sicher noch ihre Berechtigung, saubere Luft und mehr Lebensqualität gebe es aber nur mit mehr Eisenbahn.

Siehe auch: Vernunft statt branchenweitem E-Fieber

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