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MHVG und EVAG gründen Ruhrbahn GmbH

20.07.17 (VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

In der vergangenen Woche wurden die Gründungsverträge unterzeichnet: Die Mülheimer Verkehrsgesellschaft mbH und die Essener Verkehrs-AG haben zur Ruhrbahn GmbH fusioniert, der Name entstand in Anlehnung an die Düsseldorfer Rheinbahn, das kommunale Verkehrsunternehmen in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt. Die etablierten Marken MHVG und EVAG werden sukzessive durch den neuen Namen Ruhrbahn ersetzt.

2004 gab es mit dem Konzept Meoline einen ersten Versuch der Zusammenarbeit: Damals saßen zusätzlich die Stadtwerke Oberhausen (StOAG) im Boot. 2010 gab es mit Via Verkehr einen neuen Versuch, die StOAG schied aus, dafür hat sich die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) mit eingebracht. Nach zwei erfolglosen Versuchen soll nun eine kleinere Partnerschaft mit einem merkbaren Namen den seit 13 Jahren ersehnten Erfolg bringen.

„Mit rund 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einem Versorgungsgebiet von 760.000 Menschen kommt die Ruhrbahn unserem Ziel eines einheitlichen ÖPNV im Ruhrgebiet endlich ein entscheidendes Stück näher“, erklärt Thomas Kufen (CDU), Oberbürgermeister der Stadt Essen, die Bedeutung der Fusion: „Die neue Gesellschaft muss jetzt zeigen, dass sie nicht nur zukunftsfähig ist, sondern für die Bürgerinnen und Bürger auch eine serviceorientierte Mobilität sicherstellt.“

Mit 2.500 Mitarbeitern ist die Ruhrbahn GmbH ein wichtiger Arbeitgeber in der Region. „Auch das neue Unternehmen wird dafür stehen, sozialversicherungspflichtige Arbeits- und Ausbildungsplätze langfristig zu sichern. Die neue Betriebsgröße bietet zusätzlich die Chance im Bereich der Personalentwicklung dem Fachkräftemangel wirkungsvoll zu begegnen, einerseits um für künftige Aufgaben gut gerüstet zu sein, anderseits um auch künftigen Generationen Berufsperspektiven zu bieten“, so Michael Feller, Vorstand und Arbeitsdirektor EVAG.

Offen bleibt allerdings, inwieweit das auch für private Subunternehmen gilt, die im Auftrag der Ruhrbahn GmbH die Leistungen bringen. Auch ist fraglich, ob die Fremdvergabequote erhöht wird oder konstant bleibt. Die Gewerkschaft Verdi jedenfalls hat bereits im zweiten Halbjahr 2016, als die Fusionspläne bekannt wurden, klare Forderungen gestellt. Vor allen Dingen lehnt man eine wettbewerbliche Vergabe ab.

Rainer Sauer von Verdi fürchtete 2016 schlimme Dinge für den Fall, dass das Staatsmonopol aufgehoben werden könnte: „Klar ist, dass dann an allen Ecken zum Nachteil und Ärger der Bürgerinnen und Bürger an Fahrten, Wartung, Personal und Service gespart würde. Das kann niemand wollen, der in Mülheim und Essen vernünftige Politik für die Bevölkerung machen will.“

Über womöglich steigende Fremdvergabequoten oder innerbetriebliches Outsourcing bestimmter Aufgaben hat die Gewerkschaft sich nicht geäußert – weder 2016 noch aktuell. Zwar heißt es, die Ruhrbahn GmbH werden als Unternehmen „vollintegriert“ sein – doch das sagt nichts über verstärktes Outsourcing und den Einkauf von Leistungen bei privaten Unternehmen ein.

Kritik kommt derweil vom langjährigen Vorstandsvorsitzenden der Essener Verkehrs AG Wolfgang Meyer. Er erwartet keine nennenswerten Verbesserungen für die Fahrgäste. In der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung befürchtet er, dass die Fusion dazu diene, die bisherigen Strukturen zu erhalten und fragt rhetorisch: „Warum sollten sich die bisherigen Amtsinhaber auch abschaffen?“

Die Gesellschafterstruktur sieht folgendermaßen aus: 75 Prozent der Geschäftsanteile liegen bei der Stadt Essen, 25 Prozent bei der Stadt Mülheim an der Ruhr. Damit gibt es bei der kleineren Nachbarstadt noch immer eine Sperrminorität. Doch Meyer hält die Verteilung für willkürlich und fragt sich, wieso kein Wertgutachten erstellt wurde.

Auch vor möglichen Risiken im Zusammenhang mit der betrieblichen Altersvorsorge und den Spätfolgen eines Cross-Border-Leasing-Geschäfts der EVAG aus den frühen 2000er Jahren wird gewarnt. Zwar geht man in Essen davon aus, dass gerade letzteres keine nennenswerten Spätfolgen mehr haben kann – aber das ist nur die Ansicht der eigenen Rechtsanwälte.

Zuletzt verweist Meyer, der nach seinem EVAG-Engagement mehrere Jahre im SPNV aktiv war, auf Versuche der Deutschen Bahn, mit eigenwirtschaftlichen Angeboten überall in Deutschland in den kommunalen Markt einzusteigen. Sowas droht auch im Ruhrgebiet. Umso spannender bleibt die künftige Entwicklung des kommunalen Verkehrs – und die Frage, ob der dritte Anlauf nun endlich klappt.

Siehe auch: Noch ´ne Fusion

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