Positivauslese sicherstellen
02.05.17 (Allgemein, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Die Firma Abellio stellt jetzt zum zweiten Mal in Folge den Eisenbahner des Herzens. In diesem Jahr hat man außerdem die Qualitätsführerschaft im nordrhein-westfälischen SPNV verteidigt – es war wieder ein Doppelsieg, mit Abellio an der Spitze und der Konzernbeteiligung Westfalenbahn auf Platz 2. Es muss also irgendetwas besser laufen als bei anderen Betreibern. Es gibt eine Erklärung dafür, die sehr wahrscheinlich nicht Zufall heißt.
Unbestreitbar ist aber, dass der Wettbewerb auf der Schiene und die Einführung marktwirtschaftlicher Strukturen nicht nur höhere Effizienz, sondern auch bessere Qualität zur Folge hat. Das gilt, wie das Beispiel Abellio zeigt, auch für die Mitarbeiter: Hier muss eine Positivauslese her, die dafür sorgt, dass die Eisenbahn qualitativ hochwertig ist.
Wenn einzelne Mitarbeiter die Anforderungen der Verkehrsunternehmen nicht erfüllen, dann hat das in der Regel Gründe. Es gibt Leute, bei denen sprechen schwerwiegende persönliche Gründe dagegen, sie einzustellen. So hat etwa in München ein Fahrscheinkontrolleur eine junge Frau schwer eingeschüchtert, die gerade erst als Au-Pair aus China eingereist war.
In Berlin hat ein Fahrgast zu seinem Ticket ein israelisches Ausweisdokument vorgelegt und wurde daraufhin von zwei Zugbegleitern antisemitisch beleidigt. Wenn der Arbeitgeber dieser Leute jetzt eine Ausschreibung verliert, dann wird er selbstverständlich bemüht sein, gute Leute zu behalten. Die hier genannten Beispiele wird man loswerden wollen. Aus gutem Grund.
Im Rahmen von Betreiberwechseln kann es dann passieren, dass diese Personen dem Vergabeobjekt zugeordnet werden und das neue Unternehmen muss diese Leute einstellen. Natürlich endet der 613a-Schutz nach einem Jahr, aber selbst dann greift das normale Kündigungsschutzgesetz. Der Altbetreiber kann einem Vergabeobjekt mehr Personen zuordnen als der Neubetreiber in seinem Konzept braucht.
Dann sind nach zwölf Monaten betriebsbedingte Entlassungen möglich. Aber bei unmotivierten Einzelpersonen ist das deutlich schwieriger. Naheliegend wäre in so einem Fall, dass wenn der Neubetreiber woanders seine Ausschreibung verliert, diese nicht geeigneten Leute dann wiederum diesem Netz zuordnet, um sie loszuwerden. Was wir hier in den letzten Jahren erleben ist ein Abbau marktwirtschaftlicher Strukturen.
Denn statt gute Leute in die Branche zu holen, werden potentielle Arbeitsplätze schlimmstenfalls durch solche Mitarbeiter besetzt, die nicht geeignet sind. Als die Gewerkschaften mit den Wettbewerbsbahnen ihre Branchentarifverträge inklusive Betreiberwechselregelungen gemacht haben, waren die Tarifparteien sich darüber klar. Deswegen kann ein neuer Betreiber in Einzelfällen auch die Übernahme bestimmter Personen ablehnen.
So soll die Qualität sichergestellt werden. Natürlich wäre ein Jobverlust für die im Beispiel genannten Arbeitnehmer bedauerlich. Aber hier geht es nicht um Einzelfälle, sondern darum, insgesamt mit guter Qualität dem Auto und dem Fernbus etwas entgegenzusetzen. Die alte Bundesbahn war ein arbeitsmarktpolitisches Instrumentarium. Das darf die Eisenbahn heute nicht werden.
Siehe auch: Eisenbahner der Herzen sind gekürt