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München: Zweite Stammstrecke wird gebaut

10.04.17 (München, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die lange Planungsphase ist abgeschlossen, jetzt wird gebaut. In der letzten Woche traf man sich in München zum feierlichen ersten Spatenstich der zweiten S-Bahnstammstrecke, die in den kommenden Jahren unter der Innenstadt entstehen wird. Im Dezember 2016 hatten sich Bund, Freistaat, Landeshauptstadt und Deutsche Bahn auf die Finanzierung des Projektes verständigt.

Bund und Freistaat Bayern tragen im Wesentlichen gemeinsam die Kosten der zweiten Stammstrecke in Höhe von 3,849 Milliarden Euro (inklusive Risikopuffer). Zudem beteiligen sich die Landeshauptstadt München und die Deutsche Bahn an der Finanzierung. Die zweite Stammstrecke ist Kernstück des von der Bayerischen Staatsregierung vorgesehenen Bahnausbaus in der Region München.

Mit dem Bau werden die dringend erforderlichen zusätzlichen Kapazitäten im Kernbereich des Münchner S-Bahn-Systems geschaffen. Sie entlastet die bestehende Stammstrecke – das derzeitige Nadelöhr im System der Münchner S-Bahn. Im Falle einer Störung gibt es künftig eine Ausweichmöglichkeit. Zudem ist die zweite Stammstrecke Voraussetzung für eine bessere Anbindung der gesamten Metropolregion an die Münchner Innenstadt sowie für eine schnellere Verbindung zum Flughafen München.

So kann die Entwicklung des öffentlichen Verkehrs mit der Entwicklung der Metropolregion Schritt halten. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) zeigt sich zufrieden: „Der heutige Tag ist ein Quantensprung für den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern. Der Freistaat hat vollen Einsatz gezeigt und in engem Schulterschluss mit Bund, Stadt und Deutscher Bahn dieses Großprojekt für das 21. Jahrhundert vorangebracht. Es ist unser klarer Auftrag, die Infrastruktur den Bedürfnissen einer hochmobilen Gesellschaft in einer boomenden Metropolregion anzupassen. Besonders Pendler brauchen Alternativen zum eigenen Fahrzeug und einen zuverlässigen und starken Nahverkehr. Die zweite Stammstrecke ist ein wesentlicher Baustein für mehr Mobilität und Ökologie im Großraum München und der Schlüssel für weitere Verbesserungen im öffentlichen Personennahverkehr.“

Derweil warnt man bei Pro Bahn davor, dass die zweite Stammstrecke zulasten anderer Projekte im Freistaat gehen könnte. Andreas Barth, Ortsvereinsvorsitzender in München: „Ministerpräsident Seehofer hat versprochen, dass kein anderes Projekt unter dem Tunnel finanziell leiden wird, nach dem Spatenstich muss jetzt dieses Versprechen eingelöst werden.“ Nur mit zügigem Ausbau der Außenstrecken kann auch die teure Kapazität des zweiten S-Bahn-Tunnels genutzt werden. Sonst drohe hier ein Tunnel für knapp vier Milliarden Euro, der mangels nutzbarer Zulaufstrecken leer bleiben müsse, so Barth.

Einige Beispiele werden konkret genannt: Viergleisiger Ausbau von Pasing bis Buchenau. Das würde für die Linie S4 ebenso einen Nutzen bringen wie für den übrigen SPNV Richtung Allgäu, etwa nach Kempten, Memmingen und Lindau. Auch zwischen Laim und Reising brauche es einen viergleisigen Ausbau. Dieser käme der Flughafenanbindung, der Linie S1 und dem SPNV nach Niederbayern und in die Oberpfalz zugute. Dies wäre auch die Voraussetzung für die Nutzung des Erdinger Ringschlusses.

Auch der Bahnhof Poccistraße müsse ausgebaut werden. Dadurch könnte man direkte Umsteigemöglichkeiten zwischen dem Meridian und der Südostbayernbahn einerseits und den Linien U3 und U6 andererseits ermöglichen. Dadurch würde die überfüllte Station Marienplatz entlastet und Pendler aus dem östlichen Oberbayern, etwa aus Rosenbeim oder Mühldorf, würden profitieren. Dazu brauche es aber vier Bahnsteiggleise. Außerdem wird der im Sofortprogramm der Staatsregierung von 2012 genannte Ausbau der Sendlinger Spange angemahnt. Der Anschluss in den Bahnhof Laim wurde aus Spargründen gestrichen und solle jetzt wieder aufgenommen werden.

Notwendig sei auch der viergleisige Ausbau vom Ostbahnhof bis Markt Schwaben. Dieser ist die infrastrukturelle Voraussetzungen für Verbesserungen auf dem Ostast der S2 Richtung Mühldorf. Außerdem ist die Rede von einer Elektrifizierung auf der Strecke zwischen Ebersberg und Wasserburg, inklusive dem Wiederanschluss der Stadt Wasserburg und der Verlängerung bestehender S-Bahnlinien. Ohne Express-S-Bahnen drohe eine „deutliche Verschlechterung“ für die dortigen Pendler nach München. Es zeigt sich also: Es wird auch in Zukunft erheblichen Bedarf geben.

Siehe auch: Kleine und große Lösungen schließen sich nicht aus

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